Anlage zum Rundschreiben 1/2008

Rundschreiben 1/2008

Kiel, den 21.01.2008

Umweltgesetzbuch ‑ 3. Buch ‑

Naturschutz und Landschaftspflege

UGB III

Entwurf Stand: 20.11.2007

Eine Analyse

 

Inhalt
I. Allgemeines
  1. Verfassungskompetenzrecht
  2. Rosinen-Pickerei
II. Was nicht geregelt ist, aber geregelt gehört
  1. Eigentum
  2. Nutzungsfähigkeit der Naturgüter
  3. Konkurrenz Eingriffs-/Ausgleichsregelung, Kohärenzsicherung, CEF-Maßnahmen
  4. Verfahrensbeschleunigung
  5. Rechtssicherheit
III. Was geregelt ist, aber anders geregelt gehört
  1. Restaurativer Naturschutz
  2. Verantwortlichkeit der Bundesrepublik Deutschland
  3. Natürliche Dynamik
  4. Ausgeglichener Niederschlags-Abflußhaushalt
  5. Raum und Zeit zur Selbstregulation
  6. Erholungsdruck am Stadtrand
  7. Freiraumschutz ohne Forstwirtschaft
  8. Entideologisierung der Umweltpädagogik
  9. Generalermächtigung für Eingriffe in Freiheit und Eigentum
  10. Schwächung des Vertragsnaturschutzes
  11. Einziehung
  12. Gute fachliche Praxis einseitig
  13. Biomonitoring ‑ Einbeziehung der Eigentümer
  14. Nutzungsverträglichkeit der Erholung
  15. Artenschutz per definitionem
  16. Definition gebietsfremd
  17. Definition rechtmäßig
  18. Verkündung geschützter Arten
  19. Vorsorge
  20. Planungswut
  21. Verschlankung der Planung
  22. Verwertbarkeit der Planung
  23. Konditionierung Landwirtschaftsklausel
  24. Ersatzzahlungen an Eigentümer
  25. Öko-Konto
  26. Abschied vom Huckepack-Konzept
  27. Harmonisierung Umwelthaftung
  28. Landschaftsschutz obsolet
  29. Grünes Band
  30. Gewässerbiotopverbund
  31. Schutz durch Tat
  32. Umgebungsschutz für die Umgebung
  33. Legitimation durch Verfahren
  34. Einstweilige Sicherstellung
  35. Natur Natur sein lassen
  36. Alleenpflege
  37. Biotopschutz ‑ was gilt
  38. NATURA 2000 ‑ Ausgleich
  39. Bewirtschaftungspläne
  40. Beeinträchtigungsverbot
  41. GVO
  42. Prioritäres konkret betroffen
  43. Weg mit der Anzeigepflicht
  44. Eigentum ist Diebstahl?
  45. Sommerverlängerung
  46. Grabenfräsen
  47. Besuch im Winterquartier
  48. Zum UGB II
  49. Nochmals: Gebietsfremd
  50. Nochmals: Konditionierung Landwirtschaftsklausel
  51. Unverletzlichkeit der Wohnung
  52. Schutz rund um den Horst
  53. Brache und Betreten
  54. Verkehrssicherung
  55. Küstenschutzstreifen
  56. Verbände
  57. Duldungspflicht
  58. Vorkaufsrecht
  59. Befreiungen
  60. Ausgleich für Inhaltsbestimmungen des Eigentums
IV. Zusammenfassung der wichtigsten Kritikpunkte

 

  1. Allgemeines

  1. Verfassungskompetenzrecht

Der Koalitionsvertrag nennt als Anlaß für das UGB das "zwischen Bund und Län­dern stark zersplitterte Umweltrecht". Dies weckt die Erwartung, mit dem UGB werde die Zersplitterung zugunsten eines einheitlichen Bundesrechts beseitigt. Diese Erwartung wird durch Art. 72 Abs. 3 Satz 3 GG bestätigt, der bestimmt, daß auf den Gebieten des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Verhältnis von Bundes- und Landesrecht das jeweils spätere „Gesetz“ vorgeht. Die Erwartung der Föderalismusreform I war also, daß der Rechts­an­wender nicht nach einzelnen Vorschriften, sondern nach dem ge­samten Gesetzeskorpus orientiert wird, ob er im Bundes- oder Lan­desrecht suchen muß.

 

Sieht man den Entwurf nun durch, stellt man fest, daß ein solches Überflüssigwerden ganzer Lan­desgesetze seitens des Bundesgesetz­gebers gar nicht erwünscht ist. Vielmehr werden den Ländern aus­drücklich umfangreiche Regelungsbefugnisse eingeräumt. Dabei dürf­te es sich um eine verfassungsrechtlich bislang nicht bekannte Kate­gorie bundesgesetzlich zugewiesener Länderkom­petenz han­deln, die die lex posterior ‑ Regel des Art. 72 Abs. 3 Satz 3 GG auszuhöhlen droht.

 

Diese verwirrende Lage mag Produkt der in der Begründung zum Gesetzentwurf erwähnten intensiven Mitwirkung der Ländervertreter am Gesetzestext sein. Die bundesgesetzlich zugewiesenen Länder­kompetenzen sind jedenfalls zahlreich:

 

Gute fachliche Praxis der Land-, Forst- und Fischereiwirt­schaft, Verordnungsermächtigung für naturschutzfachliche Grund­sätze, § 5 Abs. 5.

 

Biomonitoring, Entwicklung wirksamer Beobachtungssysteme, § 6 Abs. 4 Satz 2.

 

Landschaftsprogramme / Landschaftsrahmenpläne, Zustän­digkeit, Verfahren der Auf­stellung und Verhältnis zur Raum­ordnungsplanung, § 10 Abs. 1 Satz 3.

 

Landschaftsplanung, Maßgabe der landesplanungsrechtlichen Vorschriften zur Übernahme der Land­schaftsplanung in die Raumordnungsplanung, § 10 Abs. 2.

 

Landschaftsplanung, Aufnahme der Landschaftsplanung als Darstellung oder Festsetzung in die Bauleit­pläne, § 11 Abs. 2 Sätze 2 - 4.

 

Eingriffs-/Ausgleichsregelung, Einzelheiten durch Rechts­ver­ordnungen der Landesre­gierungen, § 15 Abs. 6 Sätze 2 und 3.

 

Öko-Konto, Landesvorschriften für die Dokumentation, § 16 Abs. 1 Ziffer 5.

 

Öko-Konto, Handelbarkeit, Kataster, § 16 Abs. 2.

 

Eingriffs-/Ausgleichsregelung, Behördenbeteiligung, § 17 Abs. 1.

 

Eingriffs-/Ausgleichsregelung, Kompensationsverzeichnis, § 17 Abs. 6.

 

Eingriffs-/Ausgleichsregelung, Verfahren, § 17 Abs. 11.

 

Unterschutzstellung, Form und Verfahren, § 22 Abs. 1 Satz 4.

 

Geschützte Teile von Natur und Landschaft, Kennzeichnung und Registrierung, § 22 Abs. 2 Satz 2.

 

Gesetzlich geschützte Biotope, § 31 Abs. 2 Satz 2.

 

Gesetzlich geschützte Biotope, Registrierung und deren Zu­gänglichkeit, § 31 Abs. 6.

 

Tiergehege, Vorschriften der Länder, § 43 Abs. 5.

 

Betreten der freien Landschaft, § 61 Abs. 2 Satz 1.

 

Freihaltung von Gewässern und Uferzonen, § 63 Abs. 1 Satz 3.

 

Ausnahmen davon, § 63 Abs. 2 Satz 2.

 

Naturschutzverbände, Mitwirkung, § 65 Abs. 2 Ziffer 9.

 

Naturschutzverbände, Absehen von Mitwirkung, § 65 Abs. 4.

 

Naturschutzverbände, Rechtsbehelfe, § 66 Abs. 3.

 

Maßnahmen des Naturschutzes, Duldungspflicht für Eigen­tümer, § 67 Abs. 1 Satz 2.

 

Naturschutzbehörden, Betretensbefugnis, § 67 Abs. 3.

 

Vorkaufsrecht, Bestimmung der Vorkaufsberechtigten und wei­terer Fälle sowie Aus­schluß, § 68 Abs. 5.

 

Enteignung aus Naturschutzgründen, § 70 Abs. 5.

 

Erschwernisausgleich, § 70 Abs. 6.

 

Noch mehr Ordnungswidrigkeiten, § 71 Abs. 7.

 

Verwaltungsbehörde, Zuständigkeit, § 72 Ziffer 3.

Jede landesrechtliche Vorschrift ist in Zukunft also vor ihrer An­wendung dreifach zu prüfen: Ist sie erstens in Ausfüllung bundes­gesetzlich zugewiesener Landeskompetenz ergangen ? Beruht sie zweitens auf der Abweichungskompetenz ? Oder gilt drittens einfach altes Landesrecht fort?

 

Es besteht die Gefahr, daß schon die Gesamtschau der bundesge­setzlich zugewiesenen Kompetenzen als Grundlage für ein Ins­ge­samt-Fortgelten des alten Landesrechtes genommen werden könn­te, welches übrigens nicht nur in den als solchen bezeichneten Natur­schutz- und Landschaftspflegegesetzen der Länder steht, son­dern sich auch in anderen Landesgesetzen, etwa den Waldgesetzen, wie­derfindet.

 

Effekt wird dann sein, daß zum Landesrecht ein zum Vollrecht aus­gebautes Bundesrecht hinzutritt. Die Rechtsanwendung müßte die lex posterior ‑ Regel in bezug auf jede einzelne Vorschrift prüfen. Regelungsdichte und Rechtszersplitterung nehmen zu, nicht ab.

 

Es ist deshalb notwendig, dadurch für Rechtsklarheit zu sorgen, daß entweder in den Übergangsregelungen zum UGB III oder im noch nicht vorgelegten Einführungsgesetz zum UGB ausdrücklich das Außerkrafttreten sämtlicher Landesgesetze angeordnet wird, die die Gebiete des Naturschutzes und der Landschaftspflege betreffen.

 

Die Länder können dann kurzfristig den oben zusammengetragenen Katalog ihrer Kompetenzen ausfüllen und behalten die nach dem Moratorium des Art. 125 b) Abs. 1 Satz 3 GG ohnehin gegebene Möglichkeit, ab 1. Januar 2010 abweichende Regelungen zum UGB III zu treffen.

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  1. Rosinen-Pickerei

Ein zweites ist vorwegzuschicken: Der Entwurf ist "Große Novelle" in dem Sinne, daß er versucht, Unerledigtes von der Wunschliste des bürokratischen Naturschutzes aus den zurückliegenden Novellierungen nun endlich ins Gesetz zu bringen. Landes­spezifisches wird aufgegriffen und bundesrechtlich aneinandergereiht. Damit erhöht das BNatSchG per Saldo die Summe der Eingriffe in Freiheit und Eigentum.

Die bayerischen Grabenfräsen (Art. 6 d) Bayerisches Naturschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.12.2005, BayNatSchG 2005) finden sich in § 38 Abs. 5 Ziffer 4. ebenso wieder, wie die brandenburgische Handstraußregelung (Art. 39 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes in der Bekanntmachung vom 26.05.2004, Bbg NatG 2004) in § 38 Abs. 3. Wo Landesregelungen Bürokratie zurücknehmen, etwa in Niedersachsens NATURA 2000 - Gebieten, wenn prioritäre Lebensraumtypen oder Arten betroffen sind (§ 34 c) Abs. 4 Satz 1 NNatG) geht der Entwurf nicht mit, sondern bleibt mit § 34 Abs. 4 Satz 1 auf halber Strecke stehen.

Die Inhalte von Schutzverordnungen werden im Entwurf zu Lasten des Eigentums ausgeführt. Die Regelung von Rechtsschutz durch Verfahren bleibt den Ländern über­lassen. Eigentlich alle Vorschriften des Entwurfes schränken die Freiheit des Eigen­tums ein, Schutz durch angemessene Ausgleichs­ansprüche wird verwehrt. Vertrags­naturschutz und Öko-Konto bleiben unterentwickelt, die Landwirt­schaftsklauseln werden (versteckt) konditioniert. Das in Schleswig-Holstein gerade abgeschaffte Vor­kaufsrecht verführt demnächst auch in anderen hochverschuldeten Ländern die öffent­lichen Haushälter. Der "Freiraumschutz" des dicht besiedelten Landes Nord­rhein-Westfalen wird nach Mecklenburg-Vorpommern exportiert, dessen Horstschutz­zonen umgekehrt Pate stehen für nun auch in den Mittelgebirgen drohende Einschränkungen der Forstwirtschaft.

Aus der Sicht des Eigentums wäre ein Naturschutzgesetz zu wünschen, daß sich nicht nur einschränkende Rosinen pickt, sondern innovative und kreative Instrumente des Naturschutzes mit den Menschen aufgreift. Beispielhaft ist hier etwa ein Naturschutz zu nennen, der sich statt am ordnungsrechtlichen Verbot an einer mit den Eigentümern und der örtlichen Selbstverwaltung ermittelten fachlichen Zielvorstellung orientiert und deren Verwirklichung der Bewirtschaftung überläßt.

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  1. Was nicht geregelt ist, aber geregelt gehört

  1. Eigentum

Sachverhalt:

Das UGB III gestaltet das Ordnungsrecht des Naturschutzes aus. Es verkennt die tiefere Ursache für die im großen und ganzen vorhandene biologische Vielfalt, einen ausgeglichenen Naturhaushalt sowie ein erlebenswertes Landschaftsbild: Das in Deutschland breit gestreute, häufig im Generationen­über­griff bewirtschaftete Eigentum Privater. Es garantiert die Viel­ge­staltigkeit unserer Kulturlandschaft in ihrer landes- und ortstypischen Besonderheit. Persönlich verantwortetes Eigen­tum sollte deshalb von einem Naturschutzgesetz anerkannt werden, wie dies etwa das insoweit vorbildliche Landesnatur­schutzgesetz Schleswig-Holstein vom 06.03.2007 (LNatSchG S.-H. 2007) getan hat. Naturschutz ist Eigentumsschutz, Eigentumsschutz ist Naturschutz.

Regelungsvorschlag:

Es wird vorgeschlagen, in § 2 folgenden Absatz einzufügen:

 

"Eigentum in seiner Verantwortung und in seiner Freiheit ver­wirklicht die Ziele des Naturschutzes und der Landschafts­pflege".

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  1. Nutzungsfähigkeit der Naturgüter

Sachverhalt:

§ 1 Abs. 1 des Entwurfes regelt

  • die biologische Vielfalt,

  • die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes
    und

  • die Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie den Erholungs­wert von Natur und Landschaft

als Ziel des Naturschutzes und der Landschaftspflege oder, wie die Begründung formuliert als „grundlegende Handlungs­gegenstände“. Weggelassen wird, was § 1 des geltenden Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG 2002) als Ziel noch vorgibt, nämlich die dauerhafte Sicherung der Regenerations­fähigkeit und nachhaltigen Nutzungsfähigkeit der Naturgüter. Daran ist jedoch festzuhalten.

Regelungsvorschlag

Es wird vorgeschlagen, in § 1 Abs. 1 zu ergänzen:

 

"4. Die Nutzungsfähigkeit der Naturgüter“.

 

Der Formulierungsvorschlag greift auf, was noch im Bundes­naturschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 29.09.1998 (BNatSchG 1998) als § 1 Abs. 1 Ziffer 2. geregelt war. Die Regenerationsfähigkeit wird nicht besonders an­gesprochen, da sie in dem aufgehen dürfte, was der Entwurf Leistungsfähigkeit des Naturhaus­haltes nennt.

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  1. Konkurrenz Eingriffs-/Ausgleichsregelung, Kohärenzsicherung, CEF-Maß­nahmen

Sachverhalt:

Es ist eine Binsenweisheit, daß Grund und Boden knapp und nicht vermehrbar sind. Die Flächenansprüche des Natur­schutzes steigen, und zwar u.a. infolge der Eingriffs-/Aus­gleichsregelung (§§ 13 ff.), der Verpflichtung zur Kohärenz­sicherung (§ 34 Abs. 5) und der Maßnahmen zur Fortsetzung ökologischer Funktion (continued ecological functionality, CEF, § 44 Abs. 5). In der Praxis ist zu beobachten, daß sich die Flächenansprüche dieser Regelungen aufaddieren. Für ein und denselben Eingriff muß der Vorhabenträger Aus­gleichs­flächen, Kohärenzsicherungsflächen und CEF-Flächen be­schaffen.

 

Dadurch werden der Markt für land- und forstwirtschaftlich nutzbare Grund­stücke verzerrt und Investitionshemmnisse ge­fördert.

 

Diese Problematik sollte durch die Regelung eines Kon­kurrenz­verhältnisses aufgelöst werden. § 15 Abs. 2 Satz 4 reicht dafür nicht.

 

Regelungsvorschlag:

Es sollte ausdrücklich geregelt werden, daß die Eingriffs-/Aus­gleichsregelung keine Anwendung findet, soweit Kohärenz­sicherung oder CEF-Maßnahmen erforderlich sind.

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  1. Verfahrensbeschleunigung

Sachverhalt:

Der Bundesgesetzgeber entschließt sich zu einer Vollregelung der Eingriffs-/Ausgleichsregelung. Dann sollte er auch diejenigen Regelungen übernehmen, die sich in den Ländern zur Entbürokratisierung, Deregulierung und Beschleunigung der Verfahren durchgesetzt haben. Geregelt werden sollte beispielsweise der naturschutzrechtliche Vorbescheid. Auch sollte geregelt werden, daß die im Rahmen der Eingriffs-/Ausgleichsregelung vorzulegenden Unterlagen nach Ablauf einer bestimmten Frist als vollständig gelten und daß ferner nach Ablauf einer bestimmten weiteren Frist die Genehmigung als erteilt gilt, sofern sie nicht versagt wird. Im Bau­genehmigungsrecht hat sich in allen Ländern diese Vorgabe zur Verfahrensbeschleunigung durchgesetzt und bewährt.

 

Regelungsvorschlag:

In Anlehnung an § 13 Abs. 7 LNatSchG S.-H. 2007 und § 20 des niedersächsischen Naturschutzgesetzes sollte formuliert werden:

 

„Über einzelne Fragen der Eingriffs-/Ausgleichs­rege­lung, der NATURA 2000 - Verträglichkeitsprüfung und der arten­schutzrechtlichen Vorschriften entscheidet die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständige Behörde auf Antrag durch Vorbescheid“.

 

Nach § 17 Abs. 4 sollte folgender Absatz eingefügt werden:

 

„Einen Monat nach Eingang der Angaben nach Absatz 4 geltend diese als vollständig. Nach weiteren zwei Monaten gilt der Antrag als genehmigt, wenn die Genehmigung nicht zuvor versagt wurde. Die Anwendung der verwaltungsverfahrens­gesetzlichen Vorschriften über die Rücknahme von Ver­wal­tungsakten ist ausgeschlossen“.

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  1. Rechtssicherheit

Sachverhalt:

Es ist eine ungelöste Frage in der Rechtsprechung, ob es trotz des fortgeschrittenen Aufbaus des Netzes NATURA 2000 noch potentielle FFH- oder faktische Vogelschutzgebiete gibt. Die Rechtsprechung hat sich nicht festgelegt, sondern ledig­lich formuliert, daß „mit dem Fortschreiten des mitglied­staatlichen Auswahl- und Meldeverfahrens die prozessualen Darlegungsanforderungen für die Behauptung“ potentieller FFH- oder faktischer Vogelschutzgebiete steigen (ständige Recht­sprechung seit BVerwG, Urteil vom 14.11.2002, 4 A 15.02, NuR 2003, 360, 362).

 

Die Europäische Kommission hat das Vertragsver­letzungs­verfahren wegen der zunächst angeblich zu kurz greifenden Auswahl von FFH-Gebieten eingestellt. Insoweit ist quittiert, daß die Auswahl der FFH-Gebiete gemäß Art. 4 Abs. 2 FFH-RL abgeschlossen ist.

 

Für Vogelschutzgebiete ist eine vergleichbare Quittung der Europäischen Kommission noch nicht erfolgt; vielmehr betreibt die Europäische Kommission nach wie vor ein Vertrags­ver­letzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen der angeblich unzureichenden Ausweisung einzelner Vogelschutzgebiete. Es ist aber bekannt, um welche Gebiete es sich handelt; außerdem ist zu erwarten, daß die Euro­päische Kommission in Kürze, jedenfalls aber bis zum Ab­schluß des UGB-Gesetzgebungsverfahrens, ihre Klageschrift vorlegt und darin exakt benennt, von welchen Bundesländern sie die Ausweisung welcher Gebiete als Europäisches Vogel­schutzgebiet erwartet.

 

Deshalb ist der Bundesgesetzgeber aufgerufen, die Rechtsun­sicherheit stiftende Frage nach der Fortgeltung der Rechtsfigur vom potentiellen FFH- und faktischen Vogelschutzgebiet mit „Nein“ zu beantworten.

 

Regelungsvorschlag:

In § 32 Abs. 2 Satz 1 sollte eine Zeitform verwendet werden, deren Handlung in der Vergangenheit liegt und abgeschlossen ist (Perfekt): „Die Länder haben die Gebiete, die der Kom­mission nach Art. … zu benennen sind, nach den in diesen Vorschriften genannten Maßgaben ausgewählt“.

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  1. Was geregelt ist, aber anders geregelt gehört

  1. Restaurativer Naturschutz

Regelung:

§ 1 Abs. 1 definiert als länderabweichungsfesten allgemeinen Grund­satz, daß der Schutz von Natur und Landschaft auch die Entwicklung und, soweit erforderlich, die Wiederherstellung umfaßt.

 

Problem:

Der Begriff der Wiederherstellung verdoppelt partiell den Begriff der Entwicklung. Entwickelt werden kann auch, was früher schon einmal da war. Die Formel von "Entwicklung und Wiederherstellung" ist mithin ein Pleonasmus, der eine gewisse Rückwärtsgewandtheit des Natur­schutzes und der Landschaftspflege zum Ausdruck bringt. Die Tat­sache des ständigen Wandels von Natur und Landschaft darf nicht negiert werden. Naturschutz ist nicht restaurativ; er sollte progressiv sein.

 

Alternative:

Der zweite Halbsatz sollte formuliert werden:

 

 "Der Schutz umfaßt auch Pflege und Entwicklung von Natur und Landschaft (allgemeiner Grundsatz).

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  1. Verantwortlichkeit der Bundesrepublik Deutschland

Regelung:

§ 1 Abs. 2 bindet die Zielverwirklichung an das Tatbestandsmerkmal vom "Maß der Verantwortlichkeit der Bundesrepublik Deutschland".

 

Problem:

Damit werden naturwissenschaftliche und juristische Begriffe ver­mischt. Zudem ist es eine sprachlich unschöne und unnötige Ver­doppelung, entsprechend dem jeweiligen Gefährdungsgrad einer Ge­fährdung entgegenzuwirken.

 

Alternative:

Es sollte formuliert werden:

 

"Zur dauerhaften Sicherung der biologischen Vielfalt sind insbe­sondere ...".

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  1. Natürliche Dynamik

Regelung:

§ 1 Abs. 2 gibt als Ziel vor, daß "geeignete Landschaftsteile (sollen) der natürlichen Dynamik überlassen bleiben".

 

Problem:

Nach der Begründung (Seite 4) wird damit Bezug genommen auf die am 07.11.2007 beschlossene "nationale Strategie zur biologischen Vielfalt" in der beispielsweise geregelt sei, daß bis zum Jahr 2020 der Flächenanteil der Wälder mit natürlicher Waldentwicklung 5 % be­tragen soll. Damit ist offenbar Prozeßschutz gemeint, d.h. der Aus­schluß von Bewirtschaftung und Nutzung.

 

Dagegen ist entschieden Widerspruch zu erheben. Gerade im Wald lassen sich Naturschutz, Bewirtschaftung und Nutzung ohne weiteres integrieren.

 

Alternative:

Der Halbsatz nach dem Semikolon ist zu streichen.

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  1. Ausgeglichener Niederschlags-Abflußhaushalt

Regelung:

In § 1 Abs. 3 dritter Anstrich wird die Zielbestimmung zur Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes dahingehend konkreti­siert, daß „für einen ausgeglichenen Niederschlags-Abflußhaushalt (ist) auch durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschafts­pflege Sorge zu tragen“.

 

Problem:

Der Ausdruck „Niederschlags-Abflußhaushalt“ ist nicht eindeutig be­setzt. Der Abfluß von Niederschlägen wird durch den Ausbauzustand und die Unterhaltung von Gewässern bestimmt. Was bedeutet es, wenn der Niederschlags-Abflußhaushalt ausgeglichen sein muß ? Es ist sicherzustellen, daß die Regelung nicht als Einflugschneise für einen vielerorts beabsichtigten schleichenden Gewässerrückbau durch Unterhaltungsdefizite mißbraucht wird.

 

Alternative:

In der Gesetzesbegründung sollte deshalb klargestellt werden, daß diese Zielkonkretisierung die Vorgaben des Wasserrechts (UGB II) zum ordnungsgemäßen Zustand für den Wasserabfluß nicht ein­schränkt. In § 31 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 1. UGB II darf nicht lediglich von der „Sicherung eines ordnungsgemäßen Wasserabflusses“ die Rede sein; vielmehr muß dort, wie bisher, die Gewässerunterhaltung auf die Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Zustandes für den Wasserabfluß gerichtet bleiben.

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  1. Raum und Zeit zur Selbstregulation

Regelung:

§ 1 Abs. 3 sechster Anstrich konkretisiert die Zielbestimmung von der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes dahingehend, daß „der Entwicklung sich selbst regulierender Ökosysteme Raum und Zeit zu geben“ ist.

 

Problem:

Sich selbst regulierende Ökosysteme gibt es in der Bundesrepublik Deutschland nicht. Jedes Ökosystem in der Bundesrepublik Deutsch­land ist mehr oder weniger, mittelbar oder unmittelbar menschlich re­guliert.

 

Alternative:

Es sollte deshalb bei der Konkretisierung bleiben, daß naturnahe Öko­systeme in ihrer Selbstregulation zu erhalten sind; der weitere Halbsatz sollte gestrichen werden.

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  1. Erholungsdruck am Stadtrand

Regelung:

§ 1 Abs. 4 zweiter Anstrich konkretisiert die Zielbestimmung von der Sicherung des Erholungswertes von Natur und Landschaft dahin­gehend, daß vor allem im siedlungsnahen Bereich Flächen in der freien Landschaft zum Zweck der Erholung zugänglich zu machen sind.

 

Problem:

Eigentum, Bewirtschaftung und Nutzung landwirtschaftlicher Grund­stücke stehen gerade am Rande von Ballungsräumen unter sog. „Er­holungsdruck“. Es dürfte auch im Sinne des Naturschutzes kontra­produktiv sein, als Ziel vorzugeben, daß diesem Erholungsdruck unbedingt nachzugeben ist.

 

Alternative:

Die Zugänglichkeit von Flächen in der freien Landschaft muß sich deshalb wie bisher auf die Wege und Straßen beschränken.

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  1. Freiraumschutz ohne Forstwirtschaft

Regelung:

§ 1 Abs. 6 gibt als Querschnittsaspekt des „Freiraumschutzes“ Schutz und Neuschaffung „gartenbau- und landwirtschaftlich genutzter Flächen“ vor.

 

Problem:

In der Aufzählung mag die Nennung der Forstwirtschaft (oder auch der Fischereiwirtschaft) unterblieben sein, weil Wälder und Gewässer zuvor ebenfalls als Bestandteil des Freiraumschutzes genannt wer­den. Gleichwohl bleibt es ein Bruch, warum hier auf die Bewirt­schaftung, dort aber auf deren Substrat abgestellt werden soll.

 

Alternative:

Entweder sind forstwirtschaftlich oder fischereiwirtschaftlich genutzte Flächen ebenfalls zu nennen oder aber die Aufzählung bleibt homo­gen auf das Substrat beschränkt, sollte also „Grünland“, „Acker“ und „Sonderkulturen“ nennen.

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  1. Entideologisierung der Umweltpädagogik

Regelung:

§ 2 Abs. 5 Satz 2 enthält eine über das bisher geltende Recht hinausgehend Vorgabe für die Umweltpädagogik. Erziehungs- Bil­dungs- und Informationsträger sollen aufklären über die Bedeutung von Natur und Landschaft sowie die Aufgaben des Naturschutzes und der Landschaftspflege.

 

Problem:

Derartige Aufklärung bleibt einseitig. Die Bedeutung von Natur und Landschaft kann nicht losgelöst von deren Bewirtschaftung und Nutzung verstanden werden.

 

Alternative:

Es wird deshalb angeregt, zu formulieren:

 

„… über die Bedeutung von Natur und Landschaft, deren Bewirtschaftung und Nutzung sowie die Aufgaben des Naturschutzes und der Landschaftspflege …“.

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  1. Generalermächtigung für Eingriffe in Freiheit und Eigentum

Regelung:

§ 3 Abs. 1 regelt eine als Generalklausel ausgestaltete Befugnisnorm für die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden. Sie sollen nach Ermessen die erforderlichen Maßnahmen treffen, um die Einhaltung der naturschutzrechtlichen Vorschriften sicherzustellen.

 

Problem:

Die Vorschrift wirft gleich mehrere Probleme auf:

  1. Die Vorschrift ermächtigt zu Maßnahmen, um die Einhaltung von Vorschriften sicherzustellen. Damit wird tatbestandlich ein frühes präventives Vorfeld normgemäßen Verhaltens eröffnet. Bislang und klassischerweise knüpfen die naturschutzrechtlichen General­klauseln tatbestandlich an den erfolgten Rechtsverstoß an. So überwachen etwa nach § 52 Abs. 1 LNatSchG S.-H. 2007 die Unteren Naturschutzbehörden die Erfüllung der nach den naturschutzrechtlichen Vorschriften bestehenden Verpflichtungen und treffen nach pflichtgemäßem Ermessen die erforderlichen Maßnahmen zur Abwehr von Zuwiderhandlungen gegen die Verpflichtungen und zur Abwehr von Gefahren für Natur und Landschaft. Auch andere Landesnaturschutzgesetze verwenden diese, an den Rechtsverstoß anknüpfende Formulierung (vgl. etwa § 42 Abs. 1 LNatSchG Rhl.-Pf., § 50 Abs. 6 HeNatG, anders: § 63 NNatG; viele Naturschutzgesetze der Länder, etwa die von Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Bran­denburg kennen eine Generalklausel nicht).

Zur präventiven Sicherstellung der Einhaltung von naturschutz­rechtlichen Vorschriften kann gar nicht ermächtigt werden; keine Behörde der Welt hätte ‑ rechtsstaatliche Verhältnisse voraus­ge­setzt ‑ die erforderlichen Fähigkeiten.

  1. Die Gesetzesbegründung läßt offen, ob mit der Norm auch die Befugnis zum Erlaß von Verwaltungsakten geschaffen werden soll. Dies ist allerdings der Sinn einer naturschutzrechtlichen Ge­neralklausel und muß deshalb als Inhalt der Vorschrift vermutet werden. Die Gesetzesbegründung sollte sich dann zu dieser weitreichenden Neuregelung auch bekennen.

  1. Satz 2 der Vorschrift macht das Bundesamt für Naturschutz zur Vollzugsbehörde. Das ist neu; bislang obliegt der Vollzug auch der unmittelbar anwendbaren Vorschriften des Bundesnaturschutz­gesetzes den Landesbehörden.

  1. Die Kosten des durch die Vorschrift herbeigeführten Vollzugs­auf­wandes sind in der Gesetzesbegründung nicht dargestellt, obwohl dies notwendig wäre. Vor allem aber fehlt die nach der Recht­sprechung des Bundesverfassungsgerichtes erforderliche Sicher­stellung,

"daß mit einem die Eigentumsbeschränkung aktualisieren­den Verwaltungsakt zugleich über einen dem belasteten Eigentümer ggf. zu gewährenden Ausgleich entschieden wird".

 

(BVerfG, 1 BvL 7/91 vom 02.03.1999, Abs. Nr. 104)

 

Alternative:

Wenn ohnehin die Parallelität von Bundes- und Landesnatur­schutz­recht erhalten bleibt (s.o.), dann sollte die Regelung einer natur­schutzrechtlichen Generalklausel auch dem Landesrecht vorbehalten sein und im Bundesrecht unterbleiben.

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  1. Schwächung des Vertragsnaturschutzes

Regelung:

§ 3 Abs. 2 errichtet einen Auftrag an die Behörden, bei Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu prüfen, ob der Zweck mit angemessenem Aufwand auch durch vertragliche Verein­barungen erreicht werden kann. In der Begründung (Seite 43) heißt es hierzu, daß von einer Vorrangregelung bewußt abgesehen wurde. Ein genereller Vorrang des Vertrags- vor dem Ordnungsrecht sei auch im Bereich des Naturschutzes und der Landschaftspflege weder unter dem Gesichtspunkt der Wirksamkeit der Steuerung noch des verwal­tungsmäßigen Aufwandes gerechtfertigt.

 

Problem:

Der Gesetzentwurf verzichtet vollständig auf eine eigene Begründung für diesen naturschutzpolitischen Generalangriff auf das Kooperations­prinzip. Es wird lediglich verwiesen auf das Sondergutachten des Sachverständigenrates für Umweltfragen, welches, liest man es nach, formuliert: „Daß vertragliche Handlungsformen im Vergleich zu ein­seitig-hoheitlichen Steuerungsmitteln allgemein eine Gewähr für eine effektivere oder effizientere Aufgabenerfüllung bieten, ist aus der Voll­zugspraxis indes nicht ableitbar“. Diese Quintessenz des Sondergut­achtens wiederum bezieht sich auf einen Bericht der LANA 2005.

 

Nun mag es zwar naheliegen, daß die in der LANA zusammenge­schlossenen Behördenvertreter sich von hoheitlichen Steuerungs­instrumenten Effizienzvorteile versprechen. Diese Sicht der Dinge ist aber nicht die maßgebliche. Die Landesgesetzgeber in Hessen (§ 4 Abs. 1), Sachsen-Anhalt (§ 7), Thüringen (§ 2 Abs. 2), Bayern (Art. 2 a) Abs. 3), Rheinland-Pfalz (§ 45), Baden-Württemberg (§ 13), Brandenburg (§ 2), Hamburg (§ 2 Abs. 2 Satz 1) und neuerdings auch Schleswig-Holstein (§ 3 Abs. 3) haben es schon richtig erkannt: Es ist nicht nur ein Gebot naturschutzpolitischer Klugheit, sondern bringt auch das Verfassungsrecht vom Übermaßverbot zum Ausdruck, Maßnahmen, deren Zweck auch durch vertragliche Regelungen er­reicht werden kann, dann eben auch mit diesem Partizipation er­möglichenden Instrument umzusetzen. Regelmäßig an kurzfristiger und kurzsichtiger Effizienz ausgerichtete Überlegungen jedenfalls sind kein taugliches Instrument in dieser alten Diskussion.

 

Alternative:

Es bleibt dabei, es muß ein echter Vorrang des Vertragsnaturschutzes geregelt werden. Dabei bietet sich mit leichter Modifizierung ein Rückgriff auf die Hessische Formulierung an:

 

„Bei allen Maßnahmen zur Durchführung des Naturschutzrechts ist Verträgen der Vorzug vor ordnungsrechtlichen Maßnahmen zu geben, soweit der beabsichtigte Zweck auf diese Weise erreicht werden kann oder die Art der Maßnahme dem nicht entgegensteht“.

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  1. Einziehung

Regelung:

§ 4 Ziffer 3 gewährleistet die bestimmungsgemäße Nutzung auf Flächen des öffentlichen Verkehrs nur für „wichtige öffentliche Ver­kehrswege“.

 

Problem:

Die Formulierung entspricht zwar dem geltenden § 63 BNatSchG, doch war auch diese nicht glücklich und schon seinerzeit Gegenstand unserer Kritik. Auf dem Lande sind gerade auch die „unwichtig“ er­scheinenden Verkehrswege für die Erhaltung der Nutzungsfähigkeit nicht nur abgelegener Flächen bedeutsam. Eine Einziehung aus vorgeschobenen Naturschutzgründen zur Verdeckung fiskalischer Spar­bemühungen darf nicht erleichtert werden.

 

Alternative:

In der Gesetzesbegründung sollte ausgeführt werden, daß allgemein die Zweckbindung von Flächen zu respektieren ist, und zwar sowohl von Flächen für öffentliche Zwecke wie auch die von Flächen privater Eigentümerzielsetzungen.

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  1. Gute fachliche Praxis einseitig

Regelung:

§ 5 Abs. 5 Satz 1 ermächtigt die Landesregierungen durch Rechts­verordnung „die naturschutzfachlichen Grundsätze der guten fach­lichen Praxis unter Berücksichtigung der Inhalte der Landschafts­planung und der Eigenart des jeweiligen Landschaftsraums für die land-, forst- und fischereiwirtschaftlich genutzten Flächen“ zu konkreti­sieren.

 

Problem:

Verordnungsermächtigungen zur Konkretisierung der guten fachlichen Praxis sind auch in einigen neueren Landesnaturschutzgesetzen ent­halten. Diese Ermächtigungen beziehen sich aber immer auf alle Grundsätze der guten fachlichen Praxis. Die mit dem Entwurf vorge­legte Ermächtigung jedoch bezieht sich nur auf die naturschutz­fachlichen Grundsätze und stellt diese noch unter den Primat der Landschaftsplanung. Entschließt sich also eine Landesregierung zur  Konkretisierung der guten fachlichen Praxis, so kann sie nur einen Teilbereich, nämlich den „naturschutzfachlich“ motivierten regeln. Die gute fachliche Praxis wird schleichend ökologisiert.

 

Es ist zwar im Ergebnis zu begrüßen, daß der vorgelegte Entwurf das ursprüngliche Vorhaben, die gute fachliche Praxis für die Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft gänzlich neu zu definieren, aufgegeben hat. Zu kritisieren ist aber, daß diese Entscheidung nicht konsequent durchgehalten wird. Das Gesetz schlägt vielmehr den Umweg über motivierte Landesregierungen ein in der Hoffnung auf das „bewährte Funktionsprinzip“ der vergangenen Jahre, mit jedem Regulierungs­vorhaben die ökologischen Ansprüche an Bewirtschaftung und Nutzung in die Höhe zu treiben. So entsteht ein selbstreferentielles System, das die Verantwortung des Eigentümers schleichend aus­höhlt.

 

Der Begriff der guten fachlichen Praxis lebt gerade aus der Integration ökonomischer wie ökologischer Notwendigkeiten. Naturschutz­fach­liche Grundsätze mögen in die gute fachliche Praxis einfließen; be­stimmend dürfen sie nicht werden.

 

Alternative:

Die Verordnungsermächtigung, insbesondere die Möglichkeit der wie­te­ren Übertragung auf Landesbehörden (§ 5 Abs. 5 Satz 2), ist zu streichen. Landesregierungen, die von der Bundesvorgabe für die gute fachliche Praxis abweichen wollen, könnten dies aufgrund der Verfassungsrechtslage tun, wenn sie es denn wollten.

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  1. Biomonitoring ‑ Einbeziehung der Eigentümer

Regelung:

§ 6 verpflichtet Bund und Länder zur Beobachtung; Absatz 2 legt die Beobachtung dann auf eine „Bewertung des Zustands von Natur und Landschaft und ihrer Veränderungen einschließlich der Ursachen und Folgen dieser Veränderungen“ fest.

 

Problem:

Ein Biomonitoring muß die Flächeneigentümer und ‑nutzer einbe­ziehen, um die Ursachen und Folgen beobachteter Veränderungen angemessen bewerten zu können.

 

Alternative:

§ 6 Abs. 2 sollte folgender Satz 2 angehängt werden:

 

„Auf Anforderung sind Eigentümern die ihre Flächen betreffenden Rohdaten herauszugeben; sie sind dazu zu hören“.

 

Der Regelungsvorschlag bezieht sich bewußt schon auf die Rohdaten, weil diese dem Anspruch aus dem Umweltinformationsgesetz ent­zogen sind und eine frühe Diskussion bereits der Rohdaten regel­mäßig auch im Interesse des Monitoring-Trägers ist.

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  1. Nutzungsverträglichkeit der Erholung

Regelung:

§ 7 Ziffer 3. definiert Erholung als natur- und landschaftsverträglich ausgestaltetes Natur- und Freizeiterleben einschließlich natur- und landschaftsverträglicher sportlicher Betätigung.

 

Problem:

Ein dem Erholungsziel verpflichteter Naturschutz darf nicht zum Vehikel werden, um touristische oder sportliche Interessen gegen Eigentümer zur Geltung zu bringen.

 

Alternative:

Natur- und Freizeiterleben einschließlich sportlicher Betätigung sollte nicht nur natur- und landschaftsverträglich, sondern auch nutzungs­verträglich sein.

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  1. Artenschutz per definitionem

Regelung:

§ 7 Abs. 2 Ziffer 3 bestimmt definitorisch zur Art jede „Teilpopulation einer Art oder Unterart“.

 

Problem:

Die Definition entspricht im ersten Halbsatz § 10 Abs. 2 Ziffer 3. BNatSchG 2002. Der zweite Halbsatz unterscheidet sich.

 

Ein möglicherweise bislang nicht hinreichend erkanntes Problem ist, daß sich mit der erweiterten Definition „Art“ der Inhalt der arten­schutzrechtlichen Rechtsfolgenkaskade (§ 44 Abs. 4) verändert. In dieser ist ‑ dem Kompromiß zur Kleinen Novelle folgend ‑ die lokale Population einer Art das maßgebliche Kriterium. Erst die Ver­schlechterung des Erhaltungszustandes der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung ermächtigt zu deren Einschränkung. Mit der erweiterten „Art“-Definition reicht die lokale Population einer Teilpopulation; der Tatbestand wird damit an den Bedeutungsgehalt des Ausdrucks „Individuum“ angenähert. Durch die Kalte Küche wird eingeführt, was im Rahmen der Debatte um die Kleine Novelle einhellig abgelehnt wurde.

 

Die Aufnahme auch der Unterart zieht die Definitionsschlinge noch enger: Maßgeblich wird die Teilpopulation einer lokalen Population der Unterart. Das geht zu weit.

 

Alternative:

§ 44 Abs. 4 zwingt zur eingeschränkten Definition des Ausdruckes „Art“. Art bleibt Art.

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  1. Definition gebietsfremd

Regelung:

§ 7 Abs. 2 Nr. 7 definiert eine Art dann als gebietsfremd, wenn sie durch den Menschen in ein Gebiet außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes eingebracht wurde.

 

Problem:

Im Gegensatz dazu definiert der geltende § 10 Abs. 2 Nr. 6 eine Art dann als gebietsfremd, wenn sie in dem betreffenden Gebiet in freier Natur nicht oder seit mehr als 100 Jahren nicht mehr vorkommt. Der Unterschied ist erheblich: In weiten Landstrichen Deutschlands sind etwa Douglasie, Muffelwild, Kartoffel, Mais etc. durch den Menschen außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebiets eingebracht worden. Es besteht kein Anlaß, diese Arten als gebietsfremd mit den  Mitteln des Schutzrechtes für andere Arten auszusperren.

 

Die neue Definition dürfte im Grunde genommen alle Kulturformen unserer Nutzpflanzen als gebietsfremd treffen. Das ist ersichtlich nicht gewollt.

 

Alternative:

An der geltenden Definition ist festzuhalten.

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  1. Definition rechtmäßig

Regelung:

§ 7 Abs. 2 Ziffer 19. definiert das Wort „rechtmäßig“ eingeschränkt auf Übereinstimmung mit bestimmten Rechtsvorschriften.

 

Problem:

Es erscheint nicht sinnvoll, das allgemein verständliche Wort „recht­mäßig“ für den gesamten Gebrauch im Zusammenhang des UGB III einzuschränken.

 

Alternative:

Auf die Definition sollte verzichtet werden.

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  1. Verkündung geschützter Arten

Regelung:

§ 7 Abs. 4 sieht lediglich vor, daß das BMU die besonders ge­schützten und die streng geschützten Arten bekanntgibt.

 

Problem:

Über die Form der Bekanntgabe ist nichts gesagt. Angesichts der erheblichen Reichweite des Artenschutzes sollte die Bekanntgabe aber eine rechtsförmliche Bekanntmachung sein. Nicht nur die Rechtsfolge, auch der Tatbestand einer gesetzlichen Regelung muß verkündet werden; die Art gehört zum Tatbestand.

 

Alternative:

Besonders geschützte, streng geschützte und europäische geschützte Arten sollten im Bundesgesetzblatt verkündet werden.

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  1. Vorsorge

Regelung:

§ 8 regelt als allgemeinen Grundsatz der Landschaftsplanung deren Zieldimension „als Grundlage vorsorgenden Handelns“. In der Ge­setzesbegründung wird ergänzt, daß damit umrissene Gesamtkonzept ermögliche u.a. den zielgerichteten und effizienten Einsatz der viel­fältigen auf Natur und Landschaft bezogenen Fördermittel (z.B. EU-Agrarfonds).

 

Problem:

Mit dem Begriff des vorsorgenden Handelns wird nicht nur ein euro­parechtlich determinierter Ausdruck verwendet (bekanntlich beruht nach Art. 174 Abs. 2 Satz 2 EGV die Umweltpolitik der Gemeinschaft u.a. auf dem Grundsatz der Vorsorge und Vorbeugung), sondern auch ein bestimmter ethischer Ansatz aufgegriffen (Hans Jonas: Das Prinzip Verantwortung, 1979 ‑ Eine „Ethik für die technologische Zivili­sation“). In der Praxis wird darüber hinaus das Vorsorgeprinzip nur zu oft zum Vorwand ideologischer Schließung von Kausalitätslücken verwendet.

 

Alternative:

Es ist schon ein großer Anspruch, wenn die Landschaftsplanung die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege überörtlich und örtlich konkretisiert. Der Passus „als Grundlage vorsorgenden Han­delns“ sollte weggelassen werden.

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  1. Planungswut

Regelung:

§ 9 Abs. 2 gibt die ganze Bandbreite landschaftsplanerischer In­strumente vor: Landschaftsprogramme, Landschaftsrahmenpläne, Land­schaftspläne sowie Grünordnungspläne.

 

Problem:

Es ist unverständlich, daß in einem Gesetz, mit dem der Gesetzgeber zur Entbürokratisierung sowie zur Stärkung der Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft beitragen will, Planungs­phanta­sien derart ungehemmt ausgelebt werden.

 

Grünordnungspläne sind durch die Umweltprüfung bei der Aufstellung der Bauleitpläne nach Anlage 1 zu § 2 Abs. 4 BauGB überflüssig geworden. Das, was der Umweltbericht als in ökologischer Hinsicht notwendig ermittelt, fließt in den Bauleitplan als Darstellung oder Festsetzung ein.

 

Nicht zu rechtfertigen ist auch, warum beides, Landschaftsprogramme und Landschaftsrahmenpläne vorgesehen ist. Entweder ein Land ist klein, dann reicht ein Landschaftsprogramm (so etwa in Schleswig-Holstein, Landschaftsrahmenplanung mit LNatSchG S.-H. 2007 abge­schafft, oder im Saarland) oder ein Land ist groß, dann werden Landschaftsrahmenpläne für Planungsregionen aufgestellt.

 

Schon das BNatSchG 1998 sah nur vor, die Darstellung „für den Bereich eines Landes in Landschaftsprogrammen oder für Teile des Landes in Landschaftsrahmenplänen“. An dieser Alternativität hält auch § 15 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG 2002 fest.

 

§ 10 Abs. 2 versteht hingegen die Landschaftsprogramme als fakul­tative Ergänzung.

 

Alternative:

Das Instrumentarium sollte sich auf Landschaftspläne einerseits und Landschaftsrahmenpläne oder Landschaftsprogramme andererseits beschränken. Grünordnungspläne gehören abgeschafft.

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  1. Verschlankung der Planung

Regelung:

§ 9 Abs. 3 verzeichnet den Inhalt der Landschaftsplanung.

 

Problem:

Dabei wird Überflüssiges vorgegeben; das Netz NATURA 2000 etwa benötigt keinen „Aufbau“ mehr (Ziffer 4. d), die „Regeneration von Böden, Gewässern, Luft und Klima“ geht in der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes auf, etc.

 

Alternative:

Zur Verschlankung der Planung sollte das Inhaltsverzeichnis der Planung auf „Bestandsaufnahme und Zielkonkretisierung“ beschränkt werden.

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  1. Verwertbarkeit der Planung

Regelung:

§ 9 Abs. 3 Satz 2 ordnet in merkwürdiger Diskrepanz zur Ausführ­lichkeit der Inhaltsvorgabe hinsichtlich der Verwertbarkeit für die Raumordnung- und Bauleitpläne lediglich an, daß darauf „Rücksicht zu nehmen“ sei.

 

Problem:

Wir halten es für eine Selbstverständlichkeit, daß die Darstellungen der Landschaftsplanung kein Selbstzweck sind, sondern in Raum­ordnungs- und Bauleitplanung Eingang finden.

 

Alternative:

Die Darstellungen der Landschaftsplanung müssen für die Raumord­nungs- und Bauleitplanung verwertbar sein.

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  1. Konditionierung Landwirtschaftsklausel

Regelung:

§ 14 Abs. 2 Satz 2 formuliert die bekannte Landwirtschaftsklausel zu einer Konditionierung um. „Entspricht die land-, forst- und fischerei­wirtschaftliche Bodennutzung den sich aus § 5 Abs. 2 bis 5 genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Abs. 2 des Bundesboden­schutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirt­schaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, widerspricht sie in der Regel nicht den Zielen des Naturschutzes und der Landschaftspflege“.

 

Problem:

Die Landwirtschaftsklausel ist bislang bewußt deskriptiv formuliert. Diese deskriptive Formulierung ist das Ergebnis heftiger Diskussionen darum im Zusammenhang mit dem Bundesnaturschutzgesetz von 2002. Die Formulierung lautet bislang: „Die den in § 5 Abs. 4 bis 6 genannten Anforderungen sowie den Regeln der guten fachlichen Praxis, die sich aus dem Recht der Land-, Forst- und Fischerei­wirtschaft und § 17 Abs. 2 des Bundesbodenschutzgesetzes ergeben, entsprechende land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung widerspricht in der Regel nicht den in Satz 1 genannten Zielen und Grundsätzen“.

 

Diese Formulierung entspricht § 8 Abs. 7 BNatSchG 1998. Zuvor hieß es als § 8 Abs. 7 des lange unverändert geltenden BNatSchG 1976 lediglich: „Die im Sinne dieses Gesetzes ordnungsgemäße land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung ist nicht als Eingriff in Natur und Landschaft anzusehen“.

 

Mit dieser Formulierung wird ein vorfindlicher Zustand beschrieben. Mit der vom Entwurf nun gewählten Formulierung wird im Gegensatz dazu ein bedingter Tatbestand im Sinne einer „wenn-dann-Konditio­nierung“ errichtet.

 

Damit wird ein langjähriger politischer Konsens aufgekündigt.

 

Die von der Rechtsprechung häufig verwendete Formel von der „täg­lichen Wirtschaftsweise“, die von der Eingriffs-/Ausgleichsregelung freigestellt sein soll, hilft häufig nicht weiter. Eine „tägliche Wirtschafts­weise“ gibt es schon in der Landwirtschaft relativ selten. Üblich sind vielmehr „jährliche Wirtschaftsweisen“. In der Forstwirtschaft kann bei Produktionszeiträumen von 80 Jahren bis 160 Jahren auch davon nicht gesprochen werden. Hier liegen häufig Jahrzehnte zwischen einzelnen Bewirtschaftungsmaßnahmen, was gerade die ökologische Stärke der Forstwirtschaft ausmacht.

 

In der Praxis entstehen häufige Auslegungsprobleme etwa bei der Wiederherstellung funktionsunfähiger Drainagen. Die dazu notwendi­gen Arbeiten können sich auf ein schlichtes Spülen von Drainage­leitungen beschränken; durchaus häufig wird aber auch eine Teil­erneuerung etwa eingebrochener Tonrohre notwendig etc. Ver­gleichbare Arbeiten in der Forstwirtschaft bestehen etwa darin, seit unvordenklicher Zeit vorhandene Entwässerungsgräben von Laubfall etc. zu befreien. Derartige Arbeiten finden naturgemäß nur dann statt, wenn der wirtschaftliche Ertrag aus einer gehabten oder bevor­stehenden Holznutzung dies erlaubt. Durch alle diese Maßnahmen wird die bestimmungsmäßige Nutzung einer landwirtschaftlichen oder einer forstwirtschaftlichen Fläche aufrechterhalten. Diese im großen und ganzen unstreitige Praxis sollte vom Gesetzgeber ausdrücklich sanktioniert werden.

 

Alternative:

Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft stehen zur geltenden Rechts­lage, die schon ein erhebliches Entgegenkommen bedeutet. Es muß sichergestellt bleiben, daß das, was normalerweise auf dem Grünland, dem Acker und im Wald passiert, nicht als Eingriff gewertet wird und genügend Spielraum auch für innovative Maßnahmen der Bewirt­schaf­tung verbleibt. Es wird vorgeschlagen, insoweit auf die bestim­mungsmäßige Nutzung abzustellen, die regelmäßig kein Eingriff sein darf.

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  1. Ersatzzahlungen an Eigentümer

Regelung:

§ 15 Abs. 5 Sätze, 5, 6 und 8 gehen im Regelungszusammenhang davon aus, daß Ersatzzahlungen nur an die Naturschutzbehörde möglich sein sollen. Ersatzzahlungen sind festzusetzen und von dieser zweckgebunden für Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege möglichst in dem betroffenen Naturraum zu ver­wenden.

 

Problem:

Die Behörde muß die Möglichkeit haben, Ersatzzahlungen zugunsten privater Eigentümer festzusetzen, die sich zur zweckgebundenen Ver­wendung der Ersatzzahlungen für Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege verpflichten.

 

Ein Beispiel: Die Pflege einer Allee als „lineares Element der Kultur­landschaft“ ist regelmäßig zur Erhaltung des Landschaftsbildes, zur Gesunderhaltung der Alleebäume und damit auch im Sinne des Naturschutzes erforderlich. Warum soll nicht ein Eigentümer zur Durch­führung einer derartigen Pflegemaßnahme Geld aus Ersatzzah­lungen erhalten können ? Gleiches gilt auch beispielsweise für die Aufforstung mit eher unwirtschaftlichen, wegen ihres Naturschutz­effektes aber gewollten Baumarten, die Beseitigung wilder Müllablage­rungen durch sorgende Eigentümer etc.

 

Dem liegt die Überzeugung zugrunde, daß Maßnahmen des Natur­schutzes und der Landschaftspflege durch Private besser und kostengünstiger auszuführen sind. Die zuständige Naturschutz­behörde behält über die nach allgemeinen Regeln mögliche Konditio­nierung der Mittelvergabe die Kontrolle.

 

Alternative:

Im Gesetzestext sollte ausgeführt werden, daß die Ersatzzahlung auch zugunsten privater Dritter festgesetzt werden kann.

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  1. Öko-Konto

Regelung:

§ 16 regelt das Öko ‑ Konto insgesamt unverständlich defensiv. Im Grunde genommen wird lediglich das Instrument als solches an­erkannt.

 

Problem:

Die gewaltigen Chancen eines Öko-Kontos werden verkannt. Der Bundesgesetzgeber bleibt weit hinter dem zurück, was sich in vielen Ländern längst durchgesetzt hat: Öko ‑ Konten sind das Instrument einer „win-win‑Situation“ für Eigentum und Naturschutz.

 

Unabdingbar zur Verwirklichung der im Instrument „Öko-Konto“ liegenden Chancen ist die Regelung der Handelbarkeit des nach § 16 Abs. 1 offenbar begründeten Anrechnungsanspruchs („sind“). Handel­barkeit bedeutet, daß der Anrechnungsanspruch des Maßnahme­trägers gegen die zuständige Naturschutzbehörde durch Abtretung an Dritte, auch gegen Entgelt, übertragbar ist. Dies ergibt sich schon daraus, daß der Anrechnungsanspruch kein persönlicher Anspruch des Maßnahmeträgers sein kann, weil er ja auf bestimmte Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen gerichtet, also in gewisser Weise „ver­dinglicht“ ist. Da diese Betrachtung sich aber noch nicht überall durch­gesetzt hat, sollte der Bundesgesetzgeber ihr aus natur­schutz­politischen Gründen zur Durchsetzung verhelfen.

 

Alternative:

§ 12 Abs. 6 LNatSchG S.-H. 2007 formuliert vorbildlich kurz: „Der Anspruch auf Anrechnung ist handelbar“.

 

Zusätzlich sollte die Verordnungsermächtigung in § 15 Abs. 6 Satz 1 um folgende Ziffer 3. ergänzt werden:

 

"3. Das nähere zu Inhalt, Verfahren und Anrechnung als Ausgleichs- und Ersatzmaßnahme bei künftigen Eingriffen (Öko-Konto)…“.

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  1. Abschied vom Huckepack-Konzept

Regelung:

§ 17 Abs. 3 führt einen neuen Genehmigungstatbestand ein. Die naturschutzrechtliche Eingriffsgenehmigung wird zur General-, Standard- oder Auffanggenehmigung. „Für einen Eingriff, der keiner behördlichen Zulassung oder Anzeige nach anderen Rechtsvor­schriften bedarf, ist eine Genehmigung der für Naturschutz und Land­schaftspflege zuständigen Behörde erforderlich“.

 

Problem:

Die Vorschrift bringt eine Abkehr von der Huckepack-Lösung. Da hilft es auch nicht, daß die Gesetzesbegründung (Seite 63) die Huckepack-Lösung als Grundsatz des Absatzes 1 anspricht. Absatz 1 wird durch Absatz 3 ausgehebelt.

 

Das geltende Recht regelt in § 20 Abs. 1 BNatSchG 2002 noch: „Voraussetzung für die Verpflichtung nach § 19 ist, daß der Eingriff einer behördlichen Entscheidung oder einer Anzeige an eine Behörde bedarf oder von einer Behörde durchgeführt wird“.

 

Vor dem Hintergrund dieser Regelung hat es die Verfassungsrecht­sprechung allerdings toleriert, daß einzelne Landesgesetze von der Huckepack-Lösung absehen und eigenständige General-, Standard- oder Auffangtatbestände schaffen. Es ist jedoch nicht sinnvoll, diese vereinzelt gebliebenen Regelungsansätze ins Bundesrecht zu über­nehmen. Es sollte vielmehr bei dem bleiben, was beispielsweise in Niedersachsen mit § 9 vorgegeben wird. Die Eingriffs-/Ausgleichs­regelung gilt danach „für Eingriffe, die

  1. nach öffentlichem Recht einer behördlichen Genehmigung oder eines entsprechenden Verwaltungsaktes bedürfen oder einer Behörde anzuzeigen sind,

  1. nach öffentlichem Recht einer Planfeststellung bedürfen

oder

  1. nicht unter die Nummern 1. und 2. fallen, jedoch von einer Be­hörde durchgeführt oder geleitet werden“.

Ausdrücklich wird also geregelt, daß es einen eigenständigen natur­schutzrechtlichen Eingriffstatbestand nicht gibt. Daran ist auch bun­desrechtlich festzuhalten.

 

Alternative:

Der Bundesgesetzgeber sollte beim geltenden § 20 Abs. 1 bleiben oder, besser, die niedersächsische Regelung übernehmen.

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  1. Harmonisierung Umwelthaftung

Regelung:

§ 19 Abs. 1 Satz definiert die Schädigung von Arten und natürlichen Lebensräumen, für die der Verantwortliche nach UGB I Abschnitt IV haftet, als jeden Schaden, „der erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Erreichung oder Beibehaltung des günstigen Erhaltungs­zu­stands dieser Lebensräume oder Arten hat“.

 

Problem:

Die Regelung mag dem im Rahmen des Umwelthaftungsgesetzes eingefügten § 21 a) BNatSchG 2002 entsprechen. Es stellt sich gleichwohl die Frage, warum vom in anderem Zusammenhang maßgeblichen Tatbestandsmerkmal der erheblichen Beeinträchtigung abgewichen wurden. Liegt dort etwa die Erheblichkeitsschwelle höher als hier ?

 

Die Frage stellt sich auch deshalb, weil die Begriffsbestimmung nach § 27 Ziffer 2. UGB I den Begriff der Schädigung als „direkt oder indirekt eintretende feststellbare nachteilige Veränderung einer natür­lichen Ressource (Arten und natürliche Lebensräume, Gewässer und Boden) oder Beeinträchtigung der Funktion einer natürlichen Ressource“ definiert.

 

Absatz 5 des § 19 hilft bei der Beantwortung wenig. Die Vorschrift verweist zur Ermittlung der „Erheblichkeit der Auswirkungen nach Absatz 1“ zwar auf die Kriterien des Anhangs I der Richtlinie 2004/
35/EG, grenzt dann aber negativ nur ab, wann eine „erhebliche Schädigung in der Regel nicht vorliegt“.

 

In babylonischer Sprachverwirrung treten also verschiedene Defi­nitionen gegeneinander an,

  • der Schaden,

  • die Schädigung,

  • eine direkt oder indirekt eintretende feststellbare nachteilige Ver­änderung einer natürlichen Ressource (Arten und natürliche Lebensräume, Gewässer und Boden) oder Beeinträchtigung der Funktion einer natürlichen Ressource,

  • eine Schädigung von Arten und natürlichen Lebensräumen im Sinne des Abschnitts 4 UGB I,

  • ein Schaden, der erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Erreichung oder Beibehaltung des günstigen Erhaltungszustandes dieser Lebensräume oder Arten hat,

  • die Erheblichkeit der Auswirkungen nach Absatz 1,

  • die erhebliche Schädigung.

Es ist absehbar, daß insbesondere nach scharfen Durchforstungen bei nassem Wetter der Ruf nach der Umwelthaftung ertönen wird. In diesen Fällen muß subsumiert werden unter § 19 Absatz 5 dritter Anstrich. Zu prüfen ist also, ob sich die Schädigung von Lebens­räumen „nachweislich ohne äußere Einwirkung in kurzer Zeit so weit regenerieren wird, daß entweder der Ausgangszustand erreicht wird oder aber allein aufgrund der Dynamik des Lebensraums ein Zustand erreicht wird, der im Vergleich zum Ausgangszustand als gleichwertig oder besser zu bewerten ist“. Abgesehen von der Frage, daß es nicht beim Waldbesitzer liegen darf, den Entlastungsbeweis zu führen, fragt sich schon, wie im Rahmen einer in die Zukunft gerichteten Prognose ein „Nachweis“ geführt werden soll.

 

Alternative:

Die Begriffsbestimmungen des § 19 UGB III sind mit denen des § 27 UGB I zu harmonisieren.

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  1. Landschaftsschutz obsolet

Regelung:

§§ 20 Abs. 2 Ziffer 4. und 26 halten am Schutzinstrument des Landschaftsschutzgebietes fest.

 

Problem:

Landschaftsschutzgebiete sind eine Schöpfung der Rechtspraxis ver­gangener Zeiten. Im durch die Reichsregierung beschlossenen Reichsnaturschutzgesetz vom 26.06.1935 waren Landschaftsschutz­gebiete als eigenständige Kategorie noch nicht bekannt. Anknüpfend an die Anordnungsbefugnis des § 19 RNG zur Pflege des Landschaftsbildes gab es nach dem Kriege bis zum BNatSchG 1976 Bemühungen, die Landschaft vor Zersiedelung und Gesteinsabbau, insbesondere in den Mittelgebirgen, zu schützen. Instrument der Wahl war der Landschaftsschutz, der allerdings normativ zunächst so ausgestaltet war, daß er etwa Bebauungsplänen im Range nachging; Entlassungsverfahren wurden dadurch überflüssig. U.a. deshalb sind die berechtigten Ansprüche an den Schutz des Landschaftsbildes in die Ökologisierung des Fachrechts (BauGB, BBergG, BImSchG) ein­gegangen. In diesen und weiteren Rechtsvorschriften ist das Land­schaftsbild heute ein eigenständiges Schutzgut geworden. Die Be­helfs­lösung der Landschaftsschutzgebiete hat sich deshalb überlebt; sie sollte ersatzlos entfallen.

 

In der Praxis ist daneben auch folgende Entwicklung zu beobachten: Zahlreiche Landschaftsschutzverordnungen sind hoch betagt, d.h. als Kreisverordnungen in der 50er, 60er und 70er Jahren des vergan­genen Jahrhunderts ergangen und seitdem durch zahlreiche Ent­lassungsverfahren, Befreiungen etc. gleichsam „durchlöchert“ worden. Auch die Ausfertigung zahlreicher Verordnungen genügt heutigen, durch die Rechtsprechung ausgefeilten Voraussetzungen nicht, so daß alte Landschaftsschutzverordnungen in der Praxis funktionslos geworden sind, gleichsam ihre Geltung verloren haben.

 

Neuzeitliche Landschaftsschutzverordnungen haben sich in Erkennt­nis dieser Entwicklung vom ursprünglichen Regelungsinhalt weit entfernt. Sie sind Schmelztiegel geworden für artenschutzrechtliche, biotopschutzrechtliche, naturhaushaltsrechtliche, wasserhaushalts­recht­liche und schließlich auch noch landschaftsbildrechtliche Voll­rege­lun­gen. Die Tatsache, daß das BNatSchG 2002 den Katalog zu­lässiger Regelungszwecke um die „Entwicklung“ dieser Schutzgüter ergänzt hat, hat zu einer weiteren Verbreiterung neuzeitlicher Land­schaftsschutzverordnungen geführt. Diese Verbreiterung indes hat nicht Schritt gehalten mit dem sich in den letzten Jahren immer tiefer und europäischer ausbreitenden übrigen Naturschutzrecht ‑ systema­tische Brüche, obsolete Verweisungen etc. und damit eine gewisse Nicht-Handhabbarkeit der Landschaftsschutzverordnungen sind die Folge.

 

Bereits in der Debatte um das BNatSchG 2002 ist deshalb über eine Vereinfachung der Schutzkategorien nach dem Bundesnaturschutz­gesetz nachgedacht worden (vgl. Gutachten, erstattet von Herrn Ministerialdirektor a.D. Dr. Horst Glatzel im Auftrag des Ministeriums für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt des Freistaates Thürin­gen, Bonn, im September 2001). Seinerzeit wurde vorgeschlagen, die Kategorien vom Naturschutzgebiet und vom Landschaftsschutzgebiet zur Kategorie des Natur- und Landschaftsschutzgebietes zusammen­zufassen. Dazu ist seinerzeit ein Gesetzgebungsvorschlag erarbeitet worden, den wir wiederum zur Umsetzung empfehlen möchten.

 

Alternative:

Die Schutzkategorien sollten wie folgt vereinfacht werden:

 

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  1. Grünes Band

Regelung:

§ 21 Abs. 3 Satz 2 nimmt das „Grüne Band“ zum Bestandteil des Biotopverbundes. Die Gesetzesbegründung (Seite 68) schwärmt vom „Korridor entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze“, in der sich die Natur über Jahrzehnte ungestört entwickeln konnte. Das Grüne Band durchziehe „wie eine Perlenschnur im Wechsel großräumig wertvolle Gebiete und intensiv genutzte Agrarlandschaften“.

 

Problem:

Solange an diese für sich genommen zutreffende Beobachtung keine Rechtsfolgen geknüpft werden, ist nichts einzuwenden. Aber § 21 Abs. 4 enthält einen Auftrag an die Verwaltung, den Biotopverbund durch Erklärung zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft, durch planungsrechtliche Festlegungen, durch langfristige vertragliche Vereinbarungen oder andere geeignete Maßnahmen rechtlich zu sichern, um den (§ 3 Abs. 4 BNatSchG 2002 „einen“) Biotopverbund dauerhaft zu gewährleisten. Und insofern perpetuiert ein Grünes Band im Biotopverbund das Unrecht des Grenzstreifens für Zwecke des Naturschutzes.

 

Alternative:

Am Wortlaut des § 3 Abs. 3 BNatSchG 2002 ist festzuhalten.

 

Damit entfällt auch die Einbindung des „nationalen Naturerbes“ und der „oberirdischen Gewässer einschließlich ihrer Uferzonen und Auen“ in den Biotopverbund.

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  1. Gewässerbiotopverbund

Regelung:

§ 21 Abs. 5 regelt einen über Rechtsfolgen des Biotopverbund nochmals hinausgehenden Auftrag, die oberirdischen Gewässer ein­schließlich ihrer Gewässerrandstreifen, Uferzonen und Auen als Lebensstätten und Biotope für wildlebende Tier- und Pflanzenarten zu erhalten und weiter zu entwickeln.

 

Problem:

Systematisch gehört diese Regelung ins UGB II. Sie ist auch sachlich nicht gerechtfertigt, zumal der gemessen an Gewässerkilometern größte Anteil der Gewässer jedenfalls im norddeutschen Tiefland aber auch sonst in den Ebenen künstlich angelegt (Gräben) ist, um die darein entwässernden Flächen wirtschaftsfähig und befahrbar zu machen.

 

Der Biotopverbund ist nur eine von mehreren Funktionen oberirdischer Gewässer.

 

Auch Wege und Straßen, deren Ränder und Raine, Vogelfluglinien, Täler, Höhenzüge, bestimmte Vegetationsstrukturen etc. haben übri­gens Verbundfunktion, ohne daß dies einer besonderen Erwähnung im Gesetz wert wäre.

 

Alternative:

§ 21 Abs. 5 sollte gestrichen werden.

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  1. Schutz durch Tat

Regelung:

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 erfolgt der Schutz von Teilen von Natur und Landschaft durch Erklärung.

 

Problem:

Dabei handelt es sich um die aufschlußreiche Formulierung eines Öko-Irrtums. Der Schutz von Teilen von Natur und Landschaft erfolgt nicht durch Erklärung, nein, er erfolgt durch Pflege, Bewirtschaftung und gelegentlich durch schlichtes Unterlassen, also im allgemeinen durch Handeln, und zwar des Eigentümers. Nur zu häufig erleben wir, daß die behördliche Karawane nach der Schutzerklärung weiterzieht, in der Annahme, damit sei irgend etwas zum Besseren gewendet ‑ weit gefehlt.

 

Alternative:

In Anlehnung an BNatSchG 1976 und 1998 (§ 12 Abs. 2) empfiehlt sich folgende Formulierung: „Die Erklärung bestimmt den Schutz­gegen­stand, den Schutzzweck, die zur Erreichung des Zwecks not­wendigen Gebote und Verbote und, soweit erforderlich, die Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen“.

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  1. Umgebungsschutz für die Umgebung

Regelung:

§ 22 Abs. 1 Satz 3 ermächtigt zur Einbeziehung der „für den Schutz notwendigen Umgebung“ in die Schutzerklärung.

 

Problem:

Insoweit entspricht die Regelung im Wortlaut § 22 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG 2002 und dem Sinn nach auch der Rechtsprechung seit dem Dalbekschlucht-Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes (NuR 1996, 600, Beschluß vom 13.08.1996, 4 NB 4.96). Die Gesetzes­be­gründung sollte gleichwohl Ausuferungen vorbeugen, da die behörd­liche Praxis dazu neigt, die Ermächtigung zum Umgebungsschutz über­zustrapazieren.

 

Alternative:

In der Gesetzesbegründung sollte erwähnt werden, daß nicht zum Schutz der Umgebung der Umgebung ermächtigt wird.

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  1. Legitimation durch Verfahren

Regelung:

§ 22 Abs. 1 Satz 4 überläßt die Regelung von Form und Verfahren der Unterschutzstellung einschließlich einer etwaigen Veränderungssperre sowie die Beachtlichkeit von Form- und Verfahrensfehlern und die Möglichkeit ihrer Behebung dem Landesrecht.

 

Problem:

Mit Schutzerklärungen sind regelmäßig weitreichende Eingriffe in Freiheit und Eigentum verbunden. Es ist anerkannt, daß derartige Eingriffe nicht nur durch den Schutzzweck, sondern auch durch das Verfahren ihrer Anordnung legitimiert werden.

 

Wenn die materiellen Voraussetzungen mit einer Stoßrichtung vorge­geben werden, die im Vergleich zur geltenden Rechtslage eine Stei­gerung der Intensität von Freiheit- und Eigentumseingriffen bedeuten, dann müssen auch die formellen Voraussetzungen für derartige Eingriffe bundesrechtlich voll geregelt werden.

 

Alternative:

Es ist vorzusehen, daß die Entwürfe der Schutzerklärungen den er­mittelbar Betroffenen zur Kenntnis gebracht und anschließend für die Dauer eines Monats öffentlich ausgelegt werden. Es ist weiter vorzu­sehen, daß bis zwei Wochen nach Ende der Auslegungsfrist An­regungen und Bedenken vorgebracht werden können, die mit den Einwendern und Betroffenen zu erörtern sind. Die öffentliche Aus­legung muß mit dem Hinweis darauf ortsüblich bekanntgemacht wer­den.

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  1. Einstweilige Sicherstellung

Regelung:

§ 22 Abs. 2 regelt die einstweilige Sicherstellung (eiSi) von Gebieten, deren Schutz(-erklärung) beabsichtigt ist. In dem einstweilig sichergestellten Gebiet sind nach Maßgabe der dazu erlassenen Rechtsverordnung oder Allgemeinverfügung Handlungen und Maß­nah­men verboten, „die geeignet sind, den Schutzgegenstand nach­teilig zu verändern“.

 

Problem:

Inhaltlich ist es viel zu weitgehend, der eiSi die Wirkung einer Verän­derungssperre (so ausdrücklich § 22 Abs. 1 Satz 4) zu geben. Das Unterbinden jeder Veränderung ist unverhältnismäßig. Auch die im  Baurecht geregelte Veränderungssperre geht nicht so weit. § 14 Abs. 1 BauGB schränkt das Verbot von Veränderungen dahingehend ein, daß nur bestimmte Vorhaben nicht durchgeführt werden dürfen. Andere Vorhaben bleiben zulässig.

 

Die hier zu würdigende Regelung hingegen geht von einem weiten Veränderungsbegriff aus. Mit der Eignung zu nachteiliger Verände­rung knüpft sie noch weitergehend an die nur abstrakte „Gefähr­lichkeit“ von Handlungen und Maßnahmen an. Das geht zu weit. Zu fordern ist, daß die eiSi erst eingreift, wenn Handlungen und Maßnahmen dem Schutzzweck konkret gefährlich werden.

 

Alternative:

Es sollte formuliert werden: „In dem einstweilig sichergestellten Teil von Natur und Landschaft sind Handlungen und Maßnahmen nach Maßgabe der Rechtsverordnung oder der Allgemeinverfügung ver­boten, die den Schutzgegenstand erheblich beeinträchtigen“.

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  1. Natur Natur sein lassen

Regelung:

§ 24 Abs. 1 Ziffer 3. setzt für die Festsetzung eines Nationalparkes dessen Eignung in mehr als ¾ seines Gebietes voraus, „sich innerhalb von 30 Jahren in einen Zustand zu entwickeln oder in einen Zustand entwickelt zu werden, der einen möglichst ungestörten Ablauf der Naturvorgänge in ihrer natürlichen Dynamik gewährleistet“.

 

Problem:

Die Gesetzesbegründung (Seite 71) erläutert diese Vorgabe mit dem Fachwort „Prozeßschutz“, d.h. den vollständigen Ausschluß von Bewirtschaftung und Nutzung. § 24 Abs. 2 Satz 1 flankiert diese Voraussetzung mit der Zielvorgabe für (auch bestehende) National­parke, „in einem überwiegenden Teil ihres Gebiets den möglichst un­gestörten Ablauf der Naturvorgänge in ihrer natürlichen Dynamik zu gewährleisten“.

 

§ 24 Abs. 1 Ziffer 3. BNatSchG 2002 setzte noch einen möglichst ungestörten Ablauf der Naturvorgänge in ihrer natürlichen Dynamik auf lediglich „einem überwiegenden Teil“ des Nationalparkes voraus. Es ist deshalb absehbar, daß sich die Nationalparkverwaltungen noch schärfer als bisher gegen die Pflege der in den meisten National­parken und ‑kandidaten vorhandenen Kulturlandschaft wenden.

 

Alternative:

Es sollte zum Tatbestand des § 14 Abs. 1 BNatSchG 1998 zu­rückgekehrt werden. Nationalparke müssen sich danach u.a. „in einem vom Menschen nicht oder wenig beeinflußten Zustand befinden“.

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  1. Alleenpflege

Regelung:

§ 30 unterstellt sämtliche Alleen kraft Gesetzes dem Verbot, sie zu beschädigen.

 

Problem:

Die Gesetzesbegründung (Seite 73) führt aus, daß beispielsweise die Fällung eines Alleebaumes solange als verbotene Beeinträchtigungs­handlung gewertet wird, wie, etwa zur Verkehrssicherung, „die von ihm ausgehenden Risiken gezielt beseitigt werden können, etwa durch Entfernen von Totholz oder abgebrochenen oder abzubrechen drohen­den Baumteilen“.

 

Das Fällen und Neupflanzen eines Alleebaumes an ungefähr selber Stelle scheint der Gesetzestext also als verbotene Beeinträchti­gungshandlung zu werten. Das ist überzogen und in der Sache nicht zu rechtfertigen. Alleen müssen nicht aus Bäumen gleichen Alters be­stehen. Gerade im fortgeschrittenen Alter entwickeln sich Alleebäume ganz unterschiedlich; die einen werden größer, die anderen bleiben kleiner. Die einen sterben früher ab, die anderen später. Die einen werden an- oder umgefahren, die anderen überleben auch dichtes Ver­kehrsgeschehen unverletzt. Die einen vertrocknen, die anderen erstarken. Die „perfekte“ Allee ist nicht real.

 

Alleepflegemaßnahmen verursachen höchste Kosten. Baumindividu­elle Pflege ist nur mit Hubsteigern und Fachpersonal zu leisten. Es muß möglich bleiben, derartige Kosten durch Fällen und Neupflanzen einzelner Alleebäume zu minimieren.

 

Der Gesetzentwurf scheint Eigentümern von Alleen mit Mißtrauen z begegnen. Immerhin regelt er eine Ausnahme vom Verbot, „wenn Maß­nahmen aus zwingenden Gründen der Verkehrssicherheit not­wen­dig sind und zumutbare Alternativen nicht gegeben sind“. Der Verkehrssicherungspflichtige hat in diesem Fall jedoch die Gefah­renlage in geeigneter Weise durch Fotos zu dokumentieren und diese sowie die Maßnahmen unverzüglich der zuständigen Behörde anzu­zei­gen. Warum das alles ? Eigentümer wissen doch am besten, wie sie die nur zu häufig von ihren Vorfahren übernommenen Alleen, oder gar die von ihnen selbst angelegten, pflegen.

 

Alternative:

Es wird angeregt, die Tatbestandsmerkmale „zu  beschädigen oder sonst nachteilig zu verändern“ im Verbotstatbestand zu streichen. Es verbleibt dann ein grundsätzlich zu begrüßender Beseitigungs- und Zerstörungsschutz für die Allee im ganzen.

 

Außerdem sollten die Sätze 2 und 3 in § 30 Abs. 2 gestrichen werden und folgender Satz 2 an Absatz 1 angehängt werden: „Dies gilt nicht für die erforderliche Verkehrssicherung“.

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  1. Biotopschutz ‑ was gilt

Regelung:

§ 31 baut den Biotopschutz zu einer bundesrechtlichen Vollregelung aus.

 

Problem:

Damit ist nun auch das Bundesgesetz den Einwänden ausgesetzt, die das OVG Münster in seinem Vorlagebeschluß vom 15.08.1994 (7 A 2883/92, NuR 1995, 301, 305) formuliert hat und die das Bundesverfassungsgericht im Beschluß vom 16.09.1998 (1 BvL 21/94, NuR 1999, 99 ff.) und auch später im Beschluß vom 07.05.2001 (BvK 1/00, Nur 2002, 27, 37) der Sache nach nicht entkräftet hat, daß nämlich der sich draußen betätigende Land- oder Forstwirt, noch weniger dessen Mitarbeiter und erst recht nicht Erholungssuchende erkennen können, wann sie sich in einem gesetzlichen Biotop be­finden, und wann nicht. Die Landesgesetzgeber haben versucht, dem Problem dadurch zu begegnen, daß die Biotope in Anlagen zum Ge­setz (so etwa in Mecklenburg-Vorpommern oder Baden-Württemberg) oder in Biotopverordnungen (so etwa in Schleswig-Holstein) umfang­reich beschrieben werden.

 

Das versucht die Gesetzesbegründung auch für die neu hinzutre­ten­den Biotope „Großseggenrieder“, „Subalpine Lärchen- und Lärchen-Arven-Wälder“ und „Schlickgründe mit bohrender Megafauna“. Für die anderen Biotope schweigt die Begründung und verweist wohl (Seite 4) auf die Begründung zum BNatSchG 2002. Damals war die Regelung jedoch nur Rahmenvorschrift.

 

Alternative:

Auf der Ebene des Gesetzes, jedenfalls aber durch der Zustimmung des Bundesrates unterliegender Bundesverordnung muß definiert werden, was geschützt ist und was nicht.

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  1. NATURA 2000 - Ausgleich

Regelung:

§ 32 Abs. 2 Satz 4 schreibt dem BMU vor, mit den Gebietsmeldungen der Europäischen Kommission Schätzungen über die Zahlung eines finanziellen Ausgleichs für die Landwirtschaft zu übermitteln.

 

Problem:

Forst- und Fischereiwirtschaft werden nicht genannt. Auch diese Be­reiche unterliegen erheblichen Einschränkungen durch das NATURA 2000 ‑ Schutzregime und sind per se nicht weniger förderungswürdig.

 

Alternative:

„… einschließlich der Zahlung eines finanziellen Ausgleiches für die Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft …“.

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  1. Bewirtschaftungspläne

Regelung:

§ 32 Abs. 6 ergänzt die bisher geltende Rechtsfolgentrias des NATURA 2000 ‑ Schutzregimes (Schutzerklärung, Beeinträchtigungs­verbot, Verträglichkeitsprüfung) um eine vierte: Für NATURA 2000 ‑ Gebiete können Bewirtschaftungspläne selbständig oder als Be­standteil anderer Pläne aufgestellt werden.

 

Problem:

Offenbar sind damit die in der Praxis häufig sog. Managementpläne gemeint. Gleichwohl bleibt die Rechtsnatur der „Bewirtschaftungs­pläne“ offen und wird auch in der Gesetzesbegründung nicht erläutert.

 

Wenn es inhaltlich bei den europarechtlich determinierten Manage­mentplänen bleiben soll, ist eine besondere Vorschrift im Bun­desgesetz, die als Ermächtigungsgrundlage mißverstanden werden könnte, überflüssig.

 

Alternative:

§ 32 Abs. 6 sollte gestrichen werden.

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  1. Beeinträchtigungsverbot

Regelung:

§ 33 Abs. 1 Satz 1 errichtet ein unmittelbar gesetzlich wirkendes Verbot für erhebliche Beeinträchtigungen der NATURA 2000 ‑ Ge­biete in ihren für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maß­geblichen Bestandteilen.

 

Problem:

Die Vorschrift hat mehrere Effekte.

 

Einerseits gilt das gesetzliche Verbot unabhängig von der Schutzer­klärung und, wie die Gesetzesbegründung (Seite 79) erläutert, als all­gemeiner Auffangtatbestand. Das läßt ganz generell die Erforderlich­keit von Schutzerklärungen entfallen, denn der allgemeine Tatbestand gewährleistet gleichwertigen Schutz im Sinne von § 32 Abs. 5. Das ist zu begrüßen.

 

Der Sinn von Schutzerklärungen (und übrigens von vertraglichen Ver­einbarungen) verengt sich damit allerdings auch auf eine Konkreti­sierung dessen, was dem Beeinträchtigungsverbot nicht unterfällt. Diese Verengung des Anwendungsbereiches vertraglicher Vereinba­rungen ist nachteilig.

 

Andererseits errichtet die Regelung ein gesetzliches Damokles­schwert, das über aller Bewirtschaftung und Nutzung eines NATURA 2000 ‑ Gebiets schwebt. Den wenigsten Rechtsunterworfenen dürften die mit der Auswahl behördlich vorgegebenen Erhaltungsziele bekannt sein. Die wenigsten Erhaltungsziele dürften in den Standard­datenbögen ausgeführt oder wie in Schleswig-Holstein im Amtsblatt bekanntgemacht sein. Unklar ist häufig schon, welche Bestandteile für den Schutzzweck maßgeblich sind. Die Reichweite des gesetzlichen Verbotes bleibt also offen; und das ist zu kritisieren.

 

Alternative:

Im geltenden Recht hat das Beeinträchtigungsverbot den Charakter einer einstweiligen Sicherstellung. Dabei könnte es bleiben.

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  1. GVO

Regelung:

§ 34 Abs. 1 Satz 1 ordnet eine Verträglichkeitsprüfungspflicht für die Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen mit den Erhal­tungszielen eines (welches ?) NATURA 2000 ‑ Gebiets an.

 

Problem:

Nicht jede einzelne Freisetzung darf verträglichkeitsprüfungspflichtig sein.

 

Alternative:

Vielmehr ist die Verträglichkeitsprüfung in die Sortenprüfung so zu integrieren, daß die einmal geprüfte Sorte für die Verwendung in NATURA 2000 ‑ Gebieten freigegeben wird (ähnlich der sog. „W-Freigabe“ im Pflanzenschutzrecht).

 

Alternativ hierzu könnte eine schlichte Anzeigepflicht wie in § 31 LNatSchG S.-H. 2007 geregelt werden.

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  1. Prioritäres konkret betroffen

Regelung:

§ 34 Abs. 4 Satz 1 erhöht die Anforderungen an die Ausnahme­vor­aussetzung des öffentlichen Interesses, wenn prioritäre natürliche Lebensraumtypen oder prioritäre Arten betroffen nur werden können.

 

Problem:

Die Änderung ist einerseits eine gegenüber dem geltenden Recht zu begrüßende Präzisierung. Im geltenden Recht (§ 34 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG 2002) kommt es darauf an, ob sich generell in dem vom Projekt betroffenen Gebiet prioritäre Biotope oder prioritäre Arten befinden, ob das Gebiet also Prioritäres beherbergt. Schon wenn das der Fall ist, verschärfen sich die Anforderungen an die Ausnahmevor­aussetzung des öffentlichen Interesses.

 

Andererseits geht die nunmehr eingeführte Präzisierung nicht weit genug. Sie läßt es nämlich genügen, daß Prioritäres betroffen werden kann, daß also dazu die Möglichkeit besteht, oder, mit anderen Worten, eine abstrakte Gefährdung ausreicht.

 

Das Land Niedersachsen hat in § 34 c) Abs. 4 Satz 1 NNatG seit jeher zutreffend und unbeanstandet dagegen auf die konkrete Betroffenheit abgestellt. Die Vorschrift lautet: „Ist von einem Projekt ein in einem Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung oder einem Europäischen Vogelschutzgebiet gelegener prioritärer Biotop oder eine dort vor­handene prioritäre Art betroffen, so können als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses …“. Hier bleibt nur unschön, daß der untechnische Ausdruck „Biotop“ verwendet wird.

 

Auch sollte richtlinienkonform von Lebensraumtypen und Arten im Plural gesprochen werden.

 

Alternative:

Es sollte deshalb wie folgt formuliert werden: „Sind von dem Projekt im Gebiet vorkommende prioritäre natürliche Lebensraumtypen oder prio­ritäre Arten betroffen, können als zwingende Gründe des überwie­genden öffentlichen Interesses nur solche …“.

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  1. Weg mit der Anzeigepflicht

Regelung:

§ 34 Abs. 6 behält die mit der Kleinen Novelle eingeführte Anzei­gepflicht für Projekte bei.

 

Problem:

Dagegen bleibt einzuwenden, was bereits im Rahmen der Kleinen Novelle vorgetragen wurde, daß nämlich der Europäische Gerichtshof eine Anzeigepflicht für Projekte nicht gefordert hat. Die Abhängigkeit des Projektbegriffs von einer Entscheidung durch oder einer Anzeige an eine Behörde ist nicht gerügt worden.

 

Alternative:

§ 34 Abs. 6 sollte vollständig gestrichen werden.

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  1. Eigentum ist Diebstahl ?

Regelung:

§ 38 Abs. 3 gestattet jedem, wildlebende Blumen, Gräser, Farne, Moose, Flechten, Früchte, Pilze, Tee- und Heilkräuter sowie Teile von Gehölzen aus der Natur an Stellen, die keinem Betretungsverbot unterliegen, für den persönlichen Bedarf in ortsüblichem Umfang zu entnehmen.

 

Problem:

Niemand will den Menschen verbieten, einen Blumenstrauß zu pflücken, Pilze zu suchen oder Moos für die Weihnachtskrippe zu sam­meln. Aber: Die generelle Freigabe einer solchen Selbstbe­dienung durch den Gesetzgeber ist auch nicht nötig. Letztlich sanktio­niert sie die Aneignung fremder Sachen und ist damit ein empfind­licher Verlust für den Eigentumsschutz.

 

Besonders empfindlich wirkt die Freigabe der Entnahme von „Teilen von Gehölzen“. Die Produktion von Schmuckreisig ist für viele Wald­besitzer ein willkommenes Zubrot und lastet landwirtschaftliche Arbeitnehmer gerade in der naturgemäß arbeitsärmeren Herbst- und Winterzeit aus. Hier die Mitnahme generell zu erlauben, verursacht einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden.

 

Abgesehen davon dürfte der Schaden auch an der Natur erheblich sein. Zurück bleibt ja nur zu häufig eine gerupfte Pflanze, die im Frühjahr nicht wieder austreiben kann.

 

Wie ist es übrigens mit Misteln ? Diese Schmarotzer werden zu hohen Preisen gehandelt; soll also einer Selbstbedienung Tor und Tür ge­öffnet werden ?

 

Das Problem verschärft sich durch den unbestimmten Tatbestand der Betretungsregelung, s.u. zu § 61 Abs. 1.

 

Alternative:

§ 38 Abs. 3 ist zur Gänze zu streichen. Die „Handstrauß-Regelung“ (Begründung Seite 86) kann zufriedenstellend für alle Beteiligten dem praktischen Vollzugsdefizit überlassen werden.

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  1. Sommerverlängerung

Regelung:

§ 38 Abs. 5 Ziffer 2. schränkt die Zeit für den Rückschnitt von Pflanzen empfindlich ein. Er bleibt nur noch während vierer Monate im Winter vom 15. Oktober bis zum 15. Februar möglich.

 

Problem:

Nach der Gesetzesbegründung soll damit die „zunehmend aufgrund der Witterung ausgedehnte Vegetations- und Aktivitätsperiode“ abge­deckt werden. Diese Beobachtung ist zum einen unzutreffend. Die Regelung verkürzt zum anderen den für typische Winterarbeiten zur Verfügung stehenden Zeitraum ohne Anlaß und damit unverhältnis­mäßig.

 

Alternative:

Es sollte bei dem bleiben, was länderüblich ist, also beim Ver­bots­zeitraum vom 15. März bis zum 30. September eines jeden Jahres.

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  1. Grabenfräsen

Regelung:

§ 38 Abs. 5 Ziffer 4. verbietet den Einsatz von Grabenfräsen.

 

Problem:

Die Vorschrift gehört systematisch ins Wasserrecht (UGB II). Dort war sie offenbar nicht unterzubringen, weil die Gewässerunterhaltung dort durch § 31 Abs. 1 schon auf die Erhaltung und Förderung der ökolo­gischen Funktionsfähigkeit eingeschworen ist. Warum sollte der Bun­desgesetzgeber die bayerische Abneigung gegenüber Grabenfräsen (vgl. Art. 6 d) BayNatSchG 2005) übernehmen ? Und was ist mit den in Norddeutschland eher verbreiteten Grüppenfräsen ?

 

Alternative:

Die Vorschrift kann gestrichen werden.

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  1. Besuch im Winterquartier

Regelung:

§ 38 Abs. 6 verbietet es, in der Winterzeit vom 1. Oktober bis zum 31. März unbefugt Räumlichkeiten aufzusuchen, die als Winterquartier von Fledermäusen dienen können.

 

Problem:

Viele Fledermäusen halten sich in Feldscheunen auf. Eine Reihe von Fledermausarten sind ausgeprägte Zivilisationsfolger. Sie überwintern in den Dachstühlen historischer Häuser, in alten Eiskellern, Ritzen von Brücken und Wasserbauwerken, Bunkern etc.

 

Alternative:

Die Gesetzbegründung sollte klarstellen, daß Eigentümern und deren Mitarbeitern, Beauftragten, Gästen etc. insoweit volles Nutzungs- und Aufsuchungsrecht verbleibt.

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  1. Zum UGB II

Regelung:

§ 39 regelt ganz generell für „alle oberirdischen Gewässer“ (Ge­setzesbegründung Seite 89) eine Vorgabe für Ausbau und Un­terhaltung, daß nämlich die technische Funktion die ökologische nicht übertreffen darf.

 

Problem:

Die Regelung gehört systematisch ins Wasserrecht (UGB II), wo sie aber in Kapitel 2 Abschnitt 2 aufgeht.

 

Alternative:

§ 39 ist zu streichen.

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  1. Nochmals: Gebietsfremd

Regelung:

Nach § 40 Abs. 1 treffen der Bund und die Länder geeignete Maßnah­men, um einer Gefährdung von Ökosystemen, Biotopen und Arten durch Tiere und Pflanzen gebietsfremder Arten entgegenzuwirken.

 

Problem:

Problem ist die Definition der gebietsfremden Art. Sie ist zu weit. Darauf ist oben (Ziffer 16.) bereits im einzelnen hingewiesen worden.

 

Alternative:

Die bisher geltende Definition von „gebietsfremd“ ist beizubehalten.

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  1. Nochmals: Konditionierung Landwirtschaftsklausel

Regelung:

§ 44 Abs. 4 Satz 1 konditioniert die artenschutzrechtliche Landwirt­schaftsklausel.

 

Problem:

Insoweit gilt dasselbe, was oben (Ziffer 23.) zur Konditionierung der Landwirtschaftsklausel in der Eingriffs-/Ausgleichsregelung ausgeführt wurde.

 

Alternative:

An der bisherigen deskriptiven Formulierung ist festzuhalten.

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  1. Unverletzlichkeit der Wohnung

Regelung:

§ 52 Abs. 2 regelt ein sehr weitgehendes Auskunfts- und Zutrittsrecht.

 

Problem:

Die Vorschrift entspricht im Wortlaut § 50 BNatSchG 2002. Gegen diese Vorschrift sind aber im Hinblick auf das Grundrecht von der Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 13 Abs. 1 GG erhebliche Bedenken vorgetragen worden (vgl. Gornig, in: v. Man­gold/Klein/
Starck, GG, Art. 13 Rz. 155, der die Ergänzung um das Tat­bestands­merkmal der „Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit“ anmahnt).

 

Alternative:

Gerade in Anbetracht des zum flächendeckenden Instrumentarium umfunktionierten Artenschutz wäre es angebracht, diesen ver­fassungsrechtlichen Bedenken durch eine einschränkende Formu­lierung Rechnung zu tragen.

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  1. Schutz rund um den Horst

Regelung:

§ 54 Abs. 7 ermächtigt das BMU, durch Rechtsverordnung mit Zustim­mung des Bundesrates Vorschriften zum Schutz von Neststandorten störungsempfindlicher Vogelarten zu erlassen.

 

Problem:

Die Regelung soll an die in vielen Ländern bestehenden Bestimmun­gen zum Horstschutz anknüpfen (Begründung Seite 99). Als Beispiel für verbotsbedürftige Störungen werden genannt „Holzeinschlag, Wild­nachsuche, Wegebau, Errichtung von Hochständen oder Jagdhütten“.

 

Der Regelung von Verbotszeiträumen und ‑radien stehen wir gleich­wohl ablehnend gegenüber. Sie können einen erheblichen Eingriff in die Freiheit der Bewirtschaftung bedeuten und hohe Entschädi­gungsforderungen auslösen. Daß beispielsweise bei der Holzernte auf störungsempfindliche Vogelarten Rücksicht genommen wird, ist selbstverständlich.

 

Die Verordnungsermächtigung dürfte dem Gesetzesvorbehalt nicht genügen.

 

Alternative:

Auf Horstschutzvorschriften kann verzichtet werden. Die artenschutz­rechtlichen Verbote sowie das NATURA 2000 ‑ Beeinträchtigungs­verbot ersetzen sie.

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  1. Brache und Betreten

Regelung:

§ 61 Abs. 1 erlaubt allen das Betreten „ungenutzter Grundflächen zum Zweck der Erholung“.

 

Problem:

Es gibt in den Kulturlandschaften Deutschlands nur ganz wenige un­genutzte Flächen. Die Regelung hat wenig praktische Relevanz, was dazu verführen dürfte, das Tatbestandsmerkmal „ungenutzt“ weit aus­zulegen, etwa im Sinne von „selten genutzt“.

 

Alternative:

Das Betretensrecht sollte sich wie bisher auf Straßen, Wege und Raine beschränken.

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  1. Verkehrssicherung

Regelung:

§ 62 Abs. 2 Satz 2 stellt klar, daß „durch die Betretensbefugnis keine besondern Sorgfalts- oder Verkehrssicherungspflichten begründet werden“.

 

Problem:

Der Wortlaut läßt offen, ob die Vorschrift tatsächlich die Sorgfalts- oder Verkehrssicherungspflichten des Eigentümers beschränken soll, was zu begrüßen wäre. Die Begründung (Seite 106) scheint es gerade andersherum zu sehen: „Wer in der freien Landschaft fremde Grundstücke in Ausübung seines Rechtes nach § 61 betritt, muß die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachten, d.h. mit den Unwäg­barkeiten und Gefahren der Natur rechnen und sich darauf einstellen“. Der Satz legt nahe, daß es in der Klarstellung des Satzes 2 um Sorgfaltspflichten des Erholungssuchenden, nicht des Eigentümers, geht. Wenn dies der Fall wäre, würde die Vorschrift dem selbst ge­steckten Ziel nicht gerecht, einen „angemessenen Ausgleich“ zwischen den Interessen der zur Duldung verpflichteten Grundstücks­eigentümer einerseits sowie der Naturschutzziele andererseits zu schaffen (Begründung Seite 106).

 

Das Gesetz muß noch klarer zum Ausdruck bringen, daß es die Ent­lastung der Eigentümer von der Verkehrssicherungspflicht beab­sichtigt. Es sollte insoweit auch die Bundeskompetenz für das bürger­liche Recht nach Art. 74 Abs. 1 Ziffer 1 GG in Anspruch nehmen.

 

Die Vorschrift bleibt darüber hinaus auch beschränkt auf „besondere“ Sorgfalts- oder Verkehrssicherungspflichten, läßt also die allgemeinen unberührt. Gerade aber die allgemeinen Sorgfalts- oder Verkehrs­sicherungspflichten reichen aus, um im Einzelfall ungerechte Er­gebnisse zu tragen, die einer Akzeptanz des Naturschutzes entge­genstehen.

 

Die Gesetzesbegründung ist auch im übrigen nicht stringent: So erläutert sie etwa, daß eine Verantwortlichkeit des Eigentümers im Wald für selbst geschaffene zusätzliche Gefahrenquellen, wie z.B. nicht sicher gelagerte Holzstapel und Bauten, besteht. § 62 scheint aber nach dem systematischen Zusammenhang auf die „freie Land­schaft“ ausgerichtet zu sein.

 

Alternative:

Sätze 1 und 2 sollten wie folgt formuliert werden:

 

„Wer sich in der Natur bewegt, insbesondere die freie Landschaft, den Wald oder zugefrorene Gewässer betritt, tut dies auf eigene Gefahr. Sorgfalts- oder Verkehrssicherungspflichten obliegen dem Eigentümer nicht“.

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  1. Küstenschutzstreifen

Regelung:

§ 63 Abs. 1 Satz 2 regelt den Mindestabstand für bauliche Anlagen an Küstengewässern auf 150,0 m landwärts von der mittleren Hoch­wasserlinie an der Nordsee und von der Mittelwasserlinie an der Ostsee.

 

Problem:

Gegenüber dem in Schleswig-Holstein geltenden Recht verbreitert sich der Schutzstreifen um 50 m; § 26 Abs. 1 Satz 2 LNatSchG S.-H. 2007 ‑ 100 m. In Mecklenburg ist im Landeswassergesetz, § 89 Abs. 1, ein 200 m‑Streifen geregelt; es ist fraglich, ob diese Vorschrift des Wasserrechts an der für den Bereich des Naturschutzes geltenden Unberührtheitsklausel des § 63 Abs. 1 Satz 3 teilnimmt. Nieder­sachsen (§ 91 des Niedersächsischen Wassergesetzes) verzichtet auf Angaben in Metern und regelt nur einen wasserbehördlichen Genehmi­gungsvorbehalt für die Herstellung von baulichen Anlagen „in und an oberirdischen Gewässern“.

 

Alternative:

Von der Positivierung eines präventiven Verbotes mit umfangreichem Ausnahmekatalog sollte abgesehen werden. Statt dessen reicht es, einen Genehmigungsvorbehalt vorzusehen; die Genehmigung ist zu erteilen (gebunden), wenn Belange des Naturschutzes und der Land­schaftspflege nicht entgegenstehen.

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  1. Verbände

Regelung:

§ 65 Abs. 2 Nr. 6 begründet ein Mitwirkungsrecht der Naturschutzver­bände bei planerischen Genehmigungen nach § 50 Abs. 3 UGB I. Bei Befreiungen von Verboten und Geboten zum Schutz von NATURA 2000 ‑ Gebieten besteht ein Mitwirkungsrecht nach § 65 Abs. 2 Ziffer 5. Beide Mitwirkungsrechte sind nach § 66 Abs. 1 mit einem altruistischen Klagerecht bewehrt.

 

Problem:

Eine besondere Notwendigkeit für diese Ausweitung der verband­lichen Mitwirkungsrechte besteht nicht.

 

Alternative:

Beide Regelungen sollten zur Eindämmung nicht gebotener Mitwir­kungsrechte nicht Verantwortung tragender Verbände gestrichen wer­den.

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  1. Duldungspflicht

Regelung:

§ 67 Abs. 1 Satz 1 errichtet eine Pflicht für Eigentümer von Grund­stücken, Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu dulden, soweit dadurch die Nutzung des Grundstückes nicht un­zumutbar beeinträchtigt wird.

 

Problem:

Die Vorschrift ist ganz uferlos weit. Nicht ganz klar und auch in der Gesetzesbegründung nicht erläutert ist schon, ob Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Sinne der Vorschrift nur tatsächliche Maßnahmen, also beispielsweise Umgestaltungen der Grundstücksoberfläche, sind, oder ob sich die Duldungspflicht auch auf rechtliche Einschränkungen, wie etwa Verordnungen, Verwal­tungsakte etc. bezieht.

 

Gänzlich untauglich ist das als Einschränkung des Tatbestandes ge­dachte Merkmal der Unzumutbarkeit. Wenn eine Maßnahme un­zumutbar ist, dann ist sie rechtswidrig und hat zu unterbleiben. Die Frage nach der Unzumutbarkeit ist bekanntlich die letzte Stufe der verfassungsrechtlichen Prüfung des Übermaßverbotes; sie fragt nach den individuellen Wirkungen, nachdem zuvor die Fragen der Geeig­netheit und der Erforderlichkeit gemessen am Zweck der Maßnahme bestätigt wurden.

 

Letztlich ist also die Duldungspflicht völlig uferlos; der Tatbestand beschränkt sich auf die Aussage, daß alles zu dulden sei, was nicht gegen das Übermaßverbot verstoße. Das ist zu wenig.

 

Alternative:

„… soweit dadurch die Nutzung des Grundstücks nicht erheblich beeinträchtigt wird“.

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  1. Vorkaufsrecht

Regelung:

§ 68 begründet ein gesetzliches Vorkaufsrecht zugunsten der Länder an nahezu jedem landwirtschaftlichen Grundstück.

 

Problem:

Diese extrem weite Wirkung des Vorkaufsrechtes beruht auf § 68 Abs. 1 Ziffer 3. Danach steht das Vorkaufsrecht zu an Grundstücken, auf denen oder in deren unmittelbarer Umgebung sich oberirdische Ge­wässer befinden. Nahezu jedes landwirtschaftliche Grundstück ist von Entwässerungsgräben umgeben; diese Entwässerungsgräben sind „oberirdische Gewässer“, wie die Rechtsprechung vielfach festgestellt hat (vgl. z.B. OVG S.-H., Urteil vom 15.12.1999, 2 L 3/98).

 

Nach Absatz 4 der vorgesehenen Regelung kann das Vorkaufsrecht von den Ländern auch zugunsten von anerkannten Naturschutz­ver­einigungen ausgeübt werden. Darüber werden die Naturschutz­verbände in die Lage gesetzt, sich strategisch bestimmte Ausgangs­positionen auf dem Grundstücksmarkt zu verschaffen. Damit können land- und forstwirtschaftliche Betriebe erheblich unter Druck gesetzt werden.

 

Dieser Effekt verstärkt sich noch, wenn das Vorkaufsrecht auf Tausch­grundstücke ausgeübt wird. Rechtsprechung, die feststellt, daß der Erwerb von Tauschgrundstücken im Sinne von Absatz 2 der vor­gesehenen Regelung nicht erforderlich sei, gibt es, soweit ersichtlich, keine. In zahlreichen Fällen in Schleswig-Holstein mußten investitions­willige Landwirte diese bittere Erfahrung machen, als zugunsten der finanziell gut ausgestatteten Stiftung Naturschutz das Vorkaufsrecht sehr strategisch ausgeübt wurde.

 

Die Erforderlichkeitsklausel des Absatzes 2 wird auch dadurch einge­schränkt, daß das Vorkaufsrecht auch aus Gründen „der Erholungs­vorsorge“ ausgeübt werden kann. Mit anderen Worten: Das natur­schutzgesetzliche Vorkaufsrecht wird zum Vehikel um Rad- und Reitwege einzurichten.

 

Im Lande Schleswig-Holstein ist das Vorkaufsrecht mit dem LNatSchG S.-H. 2007 abgeschafft worden, nachdem es zu zahlreichen lang­jährigen Streitigkeiten führte. Vorkaufsrechte greifen erheblich in die Privatautonomie ein und errichten unnötige Schranken für den Grund­stücksverkehr. Diese Entscheidung des schleswig-holsteinischen Gesetz­gebers wird bundesgesetzlich konterkariert.

 

Auch das BauGB kennt ein Vorkaufsrecht. Es steht nach §§ 24 ff. BauGB den Gemeinden zur Sicherung der Bauleitplanung zu. Und nach § 27 Abs. 1 BauGB kann der Käufer die Ausübung des Vorkaufsrechts abwenden, wenn die Verwendung des Grundstücks nach den baurechtlichen Vorschriften oder den Zielen und Zwecken der städtebaulichen Maßnahmen bestimmbar ist. Über eine derartige Abwendungsmöglichkeit soll der Käufer beim naturschutzgesetzlichen Vorkaufsrecht nicht verfügen sollen.

 

Von der Sache her ist ein Vorkaufsrecht, zumal das von Natur­schutz­verbänden, auch nicht erforderlich. Naturschutz und das Eigentum Privater schließen sich nicht aus.

 

Alternative:

Das Vorkaufsrecht darf nicht geregelt werden.

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  1. Befreiungen

Regelung:

Nach § 69 Abs. 1 steht die Erteilung von Befreiungen von naturschutz­rechtlichen Vorschriften im Ermessen („kann“) der Behörden.

 

Problem:

In den geregelten Fällen ist ein Anspruch auf Erteilung der Befreiung zur Absicherung der Verhältnismäßigkeit sinnvoller.

 

Alternative:

Es sollte deshalb eine gebundene Rechtsfolge („ist“) geregelt werden.

 

Im übrigen ist die Vorschrift ausdrücklich zu begrüßen. Das bisherige Tatbestandsmerkmal der „nicht beabsichtigten Härte“ hat sich nicht bewährt. Es ist Anlaß für zahlreiche das Eigentum belastende Ent­scheidungen gewesen, das jeweils zu prüfende Verbot sei „beabsich­tigt“. Die Gesetzesbegründung könnte noch klarstellen, daß auch ein einzelbetrieblicher wirtschaftlicher Vorteil im überwiegenden öffent­lichen Interesse gemäß Ziffer 1. sein kann.

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  1. Ausgleich für Inhaltsbestimmungen des Eigentums

Regelung:

§ 70 bringt Regelungen zur Beschränkung des Eigentums und zu Ent­schädigung und Ausgleich.

 

Absatz 1 regelt, daß Beschränkungen grundsätzlich als Inhalts- und Schrankenbestimmungen entschädigungslos hinzunehmen sind.

 

Absatz 2 regelt die Fälle einer ausnahmsweise unverhältnismäßigen Inhalts- und Schrankenbestimmung. Wenn diese im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen, ist eine angemessene Entschädi­gung zu leisten.

 

Problem:

Die Vorschriften sind völlig untauglich für den Eigentumsschutz. Sie genügen den verfassungsrechtlichen Maßgaben nicht.

 

Das Bundesverfassungsgericht hat u.a. im Beschluß vom 02.03.1999, 1 BvL 7/91 folgende Vorgaben für eigentumsbeschränkende Maßgaben gemacht:

 

 

Alternative:

Wir schlagen vor, Absätze 1 und 2 des § 70 durch folgende Regelung zu ersetzen:

 

"

  1. Beschränkungen des Eigentums, die sich aufgrund von Vor­schriften dieses Buchs, Rechtsvorschriften, die aufgrund dieses Buch erlassen worden sind oder fortgelten oder Naturschutzrecht der Länder ergeben, müssen unverhältnismäßige oder gleich­heitswidrige Belastungen des Eigentümers real vermeiden und schutzwürdigem Vertrauen angemessen Rechnung tragen. Die Privat­nützigkeit des Eigentums muß soweit wie möglich erhalten werden.

  1. Mit einem die Eigentumsbeschränkung aktualisierenden Verwal­tungsakt muß zugleich über einen Ausgleich entschieden werden; bei finanzieller Kompensation ist zumindest dem Grunde nach über das Bestehen des Anspruches zu entscheiden.

  1. Finanzielle Kompensation ist zu leisten, wenn

  1. eine bisher rechtmäßig ausgeübte Grundstücksnutzung nicht mehr fortgesetzt werden kann,

  1. eine beabsichtigte Nutzung, die sich nach Lage und Be­schaffenheit des Grundstück objektiv anbietet und auf die der Eigentümer sonst einen Rechtsanspruch hat, unterbunden wird,

  1. Aufwendungen an Wert verlieren, die für die beabsichtigten, bisher rechtmäßigen Grundstücksnutzungen nach Nrn. 1 oder 2 in schutzwürdigem Vertrauen darauf gemacht wurden, daß diese rechtmäßig bleiben,

oder

  1. die Lasten und Bewirtschaftungskosten bei einer Nutzung von Grundstücken nach Nrn. 1 oder 2 auch in absehbarer Zukunft nicht durch Erträge und andere Vorteile ausgeglichen werden können.

  1. Zu kompensieren ist der volle Wert des Genommenen“.

Absätze 1 und 2 greifen die Rechtsprechung des Bundesverfassungs­gerichts auf. Absatz 3 geht auf § 48 Abs. 1 LNatSchG S.-H. 2007 zurück. Absatz 4 beruht auf dem vielerorts fortgeltenden § 8 des Preußischen Gesetzes über die Enteignung von Grundeigentum.

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  1. Zusammenfassung der wichtigsten Kritikpunkte

  1. Der Gesetzentwurf baut die Parallelgeltung von Bundes- und Landesrecht aus, vertieft dadurch die Zersplitterung des Umweltrechtes zwischen Bund und Ländern und bringt das Gegenteil von Klarheit, Vereinfachung und Transparenz.

  1. Das zum Vollrecht erstarkte Bundesrecht pickt sich bestimmte Rosinen aus den Naturschutzgesetzen der Länder und erhöht damit die Dichte der Eingriffe in Freiheit und Eigentum.

  1. Ein Bundesnaturschutzgesetz sollte ausdrücklich anerkennen, daß Eigentum in seiner Verantwortung und in seiner Freiheit die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege verwirklicht.

  1. Die Nutzungsfähigkeit der Naturgüter sollte als Ziel des Naturschutzes und der Landschaftspflege erhalten bleiben.

  1. Auf die Regelung einer als Generalklausel ausgestalteten Befugnisnorm sollte in Anbetracht der zahlreichen Spezialregelungen verzichtet werden.

  1. Der Vertragsnaturschutz ist durch eine Vorrangregelung zu stärken.

  1. Der Begriff der guten fachlichen Praxis darf nicht einseitig naturschutzfachlich aufgeladen werden; er ist als Integralregelung ökonomischer wie ökologischer Notwendigkeiten zu erhalten.

  1. Die Definition einer Art als gebietsfremd muß sich an den Realitäten der vergangenen 100 Jahre orientieren und darf nicht auf das „natürliche Verbreitungsgebiet“ (autochthon) abstellen.

  1. Die Landwirtschaftsklausel ist in ihrer bisherigen deskriptiven Formulierung beizubehalten; ihre Konditionierung wird abgelehnt.

  1. Die Chancen des Instruments „Öko-Konto“ sollten durch die Regelung der Handelbarkeit des Anspruches ausgebaut werden.

  1. Schutzverordnungen müssen in einem rechtsschutzgewährleistenden Verfahren ergehen.

  1. Schutz- und Pflege von Alleen sollten unbürokratisch und in der Verantwortung des Eigentümers bleiben.

  1. Die NATURA 2000 ‑ Verträglichkeit sollte in die Sortenprüfung für GVO integriert werden.

  1. Der Schutz des Eigentums darf nicht durch eine zu weit gehende Handstrauß-Regelung ausgehöhlt werden.

  1. Die Duldungspflicht für Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege muß die reale Privatnützigkeit des Eigentums soweit wie möglich respektieren.

  1. Ein gesetzliches Vorkaufsrecht ist ein schwerer Eingriff in die Privatautonomie; seine Regelung muß unterbleiben.

  1. Der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Ausgleichspflicht für Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums ist Folge zu leisten.

gez. Dr. Giesen

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Rundschreiben 1/2008