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      Vorab per 
      e-mail: natura2000@munl.landsh.deMinisterium 
      für Umwelt,
 Naturschutz und Landwirtschaft
 des Landes Schleswig-Holstein
 Mercatorstraße 3
 
      24106 Kiel 
      Kiel, den 
      31.10.2003 
      Natura 
      2000Nachmeldetranche
 Stellungnahme Arbeitskreis Eigentum und Naturschutz
 Ihr Schreiben vom 11.07.2003
 
      Sehr geehrte 
      Frau Brahms,sehr geehrter Herr Schmidt-Moser,
 sehr geehrter Herr Kaiser,
 
      mit 
      vorgenanntem Schreiben haben Sie die Kurzgutachten der dritten Tranche mit 
      der Möglichkeit zur Stellungnahme an zahlreiche Organisationen, auch an 
      unseren Arbeitskreis, versandt. Wir danken hierfür und nehmen die 
      Möglichkeit der Stellungnahme gerne wie folgt wahr: 
        
        
        Die 
        vorgelegte Gebietsauswahl wird abgelehnt.
        
        Das 
        laufende Auswahlverfahren ist zu unterbrechen. Sodann ist ein 
        ausreichender wissenschaftlicher Kenntnisstand durch flächendeckende 
        Forschungen mit Bezug auf die atlantische und die kontinentale 
        Biogeographische Region, mit Bezug auf die Fläche der Bundesrepublik 
        Deutschland und mit Bezug auf Schleswig-Holstein einschließlich der 
        grenzüberschreitenden naturräumlichen Haupteinheiten herzustellen. 
        Insbesondere sind belastbare Angaben über Gesamtvorkommen der 
        Lebensraumtypen nach Anhang I FFH-RL und der Arten nach Anhang II FFH-RL 
        zu ermitteln. Im Hinblick darauf sind die Gebietsauswahlen der ersten 
        und zweiten Tranche zu überprüfen und die Standarddatenbögen zu 
        vervollständigen. Schließlich ist fachliche Einigkeit über die 
        Schutzerfordernisse für die Lebensraumtypen und Arten herbeizuführen. 
        
        Erst nach 
        Abschluß dieser Vorarbeiten kann qualifiziert geprüft werden, ob und 
        inwieweit die naturschutzfachlichen Maßgaben im Sinne von §§ 20 b Abs. 1 
        Satz 1, 20 c Abs. 1 Satz 1 LNatSchG ein erneutes Auswahlverfahren 
        erfordern. 
      
      Begründung: 
      Die 
      rechtliche Begründung für diese Stellungnahme folgt aus Artikel 4 Abs. 1 
      Satz 1 FFH-RL. Danach legt jeder Mitgliedstaat anhand der in Anhang III 
      (Phase 1) festgelegten Kriterien und einschlägiger wissenschaftlicher 
      Informationen eine Liste von Gebieten vor, in der die in diesen Gebieten 
      vorkommenden natürlichen Lebensraumtypen des Anhangs I und einheimischen 
      Arten des Anhangs II aufgeführt sind. 
      Dabei muß 
      nach Artikel 3 Abs. 2 Satz 1 FFH-RL jeder Staat im Verhältnis der in 
      seinem Hoheitsgebiet vorhandenen natürlichen Lebensraumtypen und Habitate 
      der Arten zur Errichtung von Natura 2000 beitragen. Nach Artikel 3 Abs. 1 
      Satz 2 FFH-RL muß das kohärente europäische ökologische Netz den 
      Fortbestand oder ggf. die Wiederherstellung eines günstigen 
      Erhaltungszustandes der natürlichen Lebensraumtypen und Habitate der Arten 
      in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet gewährleisten. 
      Diesen 
      rechtlichen Anforderungen genügt die vorgelegte Gebietsauswahl nicht. Sie 
      bürdet Eigentum und kommunaler Planungshoheit schwere Lasten auf, ohne daß 
      dies nach den vorgenannten Maßgaben gerechtfertigt wäre. 
      Ihr Haus und 
      die gesamte Landesregierung haben nach Abschluß der Gebietsauswahl der 
      zweiten Tranche immer wieder beteuert, nun sei Rechtssicherheit 
      hergestellt, weitere Flächenansprüche gebe es nicht, ja sogar potentielle 
      FFH- und faktische Vogelschutzgebiete gebe es nach der Auswahl der zweiten 
      Tranche nicht mehr. 
      Diese 
      Beteuerungen sind nur knapp zwei Jahre nach Abschluß der Auswahl in der 
      zweiten Tranche Makulatur. 
      Zur 
      Rechtfertigung dessen verweisen Sie auf die Ergebnisse der 
      wissenschaftlichen Seminare im Juni 2002 in Den Haag für die atlantische 
      biogeographische Region und im November 2002 in Potsdamm für die 
      kontinentale biogeographische Region. 
      Diese 
      sogenannten "wissenschaftlichen Seminare" sind nicht geeignet, 
      Nachmeldebedarf zu erzeugen, dem die Mitgliedstaaten nachkommen müßten 
      (dazu nachfolgend 1.). 
      Selbst wenn 
      man das Verfahren der wissenschaftlichen Seminare anerkennen wollte, so 
      ist doch das aus Anlaß deren Ergebnisse eingeleitete Beteiligungsverfahren 
      nach §§ 20 b Abs. 1 Satz 2, 20 c Abs. 1 Satz 2 LNatSchG zu kritisieren 
      (nachfolgend 2.). 
      Schließlich 
      geht die im Rahmen der dritten Tranche vorgelegte Gebietsauswahl weit über 
      den von den wissenschaftlichen Seminaren attestierten Nachmeldebedarf 
      hinaus (nachfolgend 3.). 
        
        
        Die 
        wissenschaftlichen Seminare finden in der FFH-RL keine Stütze. Sie sind 
        ein von der Europäischen Kommission zugegebenermaßen anerkanntes, aber 
        von dieser ohne Rechtsgrundlage eingesetztes Forum. Insbesondere dürfen 
        die wissenschaftlichen Seminare nicht mit dem Habitatausschuß nach 
        Artikel 20 FFH-RL verwechselt werden. Das, was die wissenschaftlichen 
        Seminare hervorbringen, bindet deshalb die Mitgliedstaaten in keiner 
        Weise. Es kann auch nicht für sich genommen zur Grundlage des Vorwurfs 
        einer Vertragsverletzung gemacht werden. 
        
          
          
          Die 
          Besetzung der Seminare war einseitig. Die Seminarteilnehmer kamen 
          überwiegend aus den Fachministerien der Mitgliedstaaten und aus der 
          Generaldirektion "Umwelt" der Europäischen Kommission sowie von den 
          Naturschutzverbänden. Dies geht aus Anlage 2 des von Ihnen, sehr 
          geehrte Frau Brahms, unter dem 10.06.2002 angefertigten Protokoll zum 
          Biogeographischen Seminar der atlantischen Region in Den Haag und aus 
          Anlage 2 zu dem von Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Paul Müller, Trier, 
          angefertigten Bericht zum Continentel-Seminar eindrucksvoll hervor. 
          
          
          Teilnehmer der Konferenz waren damit fast ausschließlich Personen, die 
          ein bestimmtes naturschutzpolitisches Interesse eint. Das Seminar war 
          vergleichbar einem Flurbereinigungsverfahren, in dem Behörden und 
          Teilnehmer ausschließlich mit Landwirten besetzt seien und in dem 
          ausschließlich eine "landwirtschaftsfachliche" Argumentation zulässig 
          sei. Daß das Ergebnis eines solchen Flurbereinigungsverfahrens große 
          Schläge sein werden, liegt auf der Hand. 
          Ebenso 
          auf der Hand lag das Ergebnis der Biogeographischen Seminare. 
          Bezeichnend ist dabei, daß seminarintern durchaus deutlich auf den 
          ausstehenden Forschungsbedarf, insbesondere zum Umfang der 
          Gesamtvorkommen und der Referenzflächen hingewiesen wurde. Diese 
          Generalzweifel fanden dann aber in den offiziellen Protokollen keinen 
          Niederschlag. Vielmehr wurde nur zu einzelnen Lebensraumtypen und 
          Arten, bei denen es sich wirklich nicht mehr vermeiden ließ, das 
          zweifelhafte Prädikat "scientific reserve" verwendet. Wie es in Ihrem, 
          sehr geehrte Frau Brahms, Protokoll so treffend heißt: "Wünsche der 
          NGOs nach grundlegendem Forschungsbedarf für eine Art wurden in der 
          Regel nicht akzeptiert" - es wurde mit vorhandenen Erkenntnissen, und 
          seien sie noch so schmal, gearbeitet, um einem übergeordneten 
          naturschutzpolitischen Interesse an rascher Fertigstellung der Liste 
          nach Artikel 4 Abs. 2 FFH-RL zu genügen. 
          Prof. 
          Müller als Teilnehmer des Seminars zur kontinentalen Biogeographischen 
          Region hat es so zusammengefaßt: 
            
            "Bei 
            der Bewertung der Flächenmeldungen fällt generell auf, daß die 
            Wertigkeit der von einzelnen Ländern gemeldeten Flächen sehr 
            unterschiedlich sein kann. Deutschland schneidet in fast allen 
            Bereichen "schlechter" ab als andere Länder, was aber im 
            wesentlichen damit zusammenhängt, daß die von den Bundesländern 
            gemeldeten Flächen entsprechend den Vorgaben der Richtlinie nicht 
            alle in einem Land vorkommenden Flächen eines Typs erfassen, aber 
            eine repräsentative Untereinheit. BfN und NGOs führen deshalb immer 
            mehr Flächen auf, als notwendigerweise gemeldet wurden. Die 
            Kommission schließt sich in fast allen Fällen der Auffassung der 
            NGOs und des BfN an. Die deutsche Vertretung (Ländervertreter, Bund, 
            NGOs) liefern ein Bild absoluter Inkonsistenz. Die Kommission 
            entscheidet durchweg für NGOS und BfN, zum Teil auch, weil die 
            Ländervertreter nicht scharf genug demonstrieren. 
            Bei 
            der Analyse der Verbreitungsmuster der Arten fällt auf, daß 
            Deutschland die besten Verbreitungsdaten vorlegte. Andere Länder (u.a. 
            Frankreich, Italien) legen nur lückenhafte Verbreitungsinformationen 
            vor. Während die von Deutschland wegen kleiner Verbreitungslücken 
            als "nicht ausreichend" bewertet werden, werden andere Länder, die 
            nur einen Fundort vorlegen, als "sufficient" bewertet. Einzelne 
            Länder haben in den letzten Jahren Erfassungsprogramme für die 
            FFH-Gebiete durchgeführt und legen aktuelle Daten vor". 
          Hinzu 
          kommen noch ungeklärte Fragen im Zusammenhang mit der Definition 
          einzelner Lebensraumtypen und Arten. In einem Schreiben des 
          niedersächsichen Umweltministeriums an die Unternehmerverbände 
          Niedersachsen vom 19.09.2002 werden "diverse offene Fragen im 
          Zusammenhang mit der endgültigen Definition bestimmter 
          FFH-Lebensraumtypen" eingeräumt. Deren Klärung sei von elementarer 
          Bedeutung für die fachliche Plausibilität der seitens der Kommission 
          genannten Defizite. 
          
          
          Maßstab 
          der Nachforderungen seitens der Kommission war nach den Berichten der 
          Teilnehmer an den Biogeographischen Konferenzen die sog. "20/60 - 
          Regel". Als "sufficient" wurden demnach nur Lebensraumtypen oder Arten 
          angesehen, bei denen die NATURA 2000 - Meldung mehr als 60 % des 
          Gesamtvorkommens umfaßt. Deckt die Meldung zwischen 20 % und 60 %, 
          dann hat das ETCNC Prüfungsbedarf für den Einzelfall angemeldet und 
          bei weniger als 20 % wurde in jedem Fall ein "not sufficient" 
          vergeben. Sowohl die Regel selbst - dazu unten - als auch ihr 
          Bezugspunkt sind fachlich angreifbar und in keiner Weise abgesichert. 
          Bei nahezu allen Lebensraumtypen oder Arten fehlen zuverlässige 
          Angaben über das Gesamtvorkommen. Sie fehlen sowohl im Hinblick auf 
          die de jure maßgeblichen Biogeographischen Regionen als auch auf die 
          de facto zum Maßstab genommenen Mitgliedsstaaten, Bundesländer oder 
          naturräumlichen Haupteinheiten. 
          
          Dies ist 
          auch nicht verwunderlich. Aus der Eigenheit vieler Arten etwa folgt, 
          daß deren Gesamtvorkommen kaum zuverlässig zu ermitteln ist. Ein 
          Beispiel ist etwa der "Kammmolch", der eine große Rolle bei der 
          Ermittlung der schleswig-holsteinischen Nachmeldeflächen gespielt hat. 
          Der Kammolch gehört zu den schwer erfaßbaren Arten, da weder die 
          Männchen Paarungsrufe ausstoßen, noch die Weibchen auffällige 
          Laichballen oder -schnüre ablegen. Viele alte Nachweise beruhen auf 
          Sicht- und Catcher-Nachweisen adulter Kammolche zur Laichzeit im 
          Fortpflanzungsgewässer am Tage. Jedoch wird in - bevorzugt besiedelten 
          - vegetationsreichen Gewässern mit dieser Methode nur etwa 1/7 bis 
          1/10 der Population erfaßt. Zählungen zur Dämmerungs- oder Nachtzeit 
          erbringen etwas bessere Resultate bei einem Erfassungsgrad von maximal 
          20 %. Dies bedeutet, daß insbesondere Kleinpopulationen, Populationen 
          in stark verwachsenen oder trüben Gewässern sowie Populationen in 
          größeren Gewässern oder in abgelegenen Gewässern leicht übersehen 
          werden können. Bei ungünstiger Witterung (Bewölkung, Wind, Regen) 
          sinkt die Nachweiswahrscheinlichkeit noch weiter ab (vgl. GGV Freie 
          Biologen Voß/Grell: Vorkommen von Kammolch und Rotbauchunke in der 
          NATURA 2000 - Gebietskulisse der schleswig-holsteinischen 
          Landesregierung, Kiel, Februar 2001, S. 7). 
           Ein 
          Gesamtbestand ist demnach bislang zuverlässig nicht ermittelt und bei 
          vertretbarem Aufwand auch nicht ermittelbar. 
          Zum 
          Maßstab angeblichen Nachmeldebedarfes wurden stets nur Schätzungen 
          gemacht. Es liegt auf der Hand, daß derartigen Schätzungen um so 
          geringer ausfallen, je stärker der Schätzende von der Ansicht 
          eingenommen ist, die Art sei bedroht. Und die Aufnahme in den Anhang 
          II FFH-RL scheint ja die Bedrohung auch zu dokumentieren. 
           
          Um so 
          größer ist dann die Überraschung, wenn bei konkreten Untersuchungen 
          regelmäßig die alte Weisheit bestätigt wird "wer suchet, der findet". 
          Es gibt mehr Kammmolche, als man denkt. Ein Gesamtvorkommen ist nicht 
          zuverlässig ermittelt. 
          
          
          Im 
          Dunkeln liegt die Vorgehensweise, mit der der von den 
          wissenschaftlichen Seminaren sodann festgestellte "Nachmeldebedarf", 
          der ja an die Bundesrepublik Deutschland als Mitgliedstaat gerichtet 
          war, zwischen den einzelnen Bundesländern aufgeteilt wurde. Die 
          Antwort der Landesregierung auf eine diesbezügliche Kleine Anfrage 
          (Schleswig-Holsteinischer Landtag, Drucksache 15/2808) bleibt hierzu 
          leider offen. Es heißt beispielsweise für die atlantische 
          biogeographische Region, die "betroffenen Länder hätten sich informell 
          darüber abgestimmt", in welchem Umfang Nachmeldungen vorzunehmen 
          seien. Maßstab sei der bisherige Anteil der Meldungen an 
          "Referenzvorkommen des jeweiligen Landes". Zwischen den betroffenen 
          Ländern habe Übereinstimmung bestanden, daß diejenigen Länder, die 
          bislang den prozentual geringsten Anteil an Referenzvorkommen des 
          jeweiligen Landes gemeldet haben, hier eine besondere Verantwortung 
          für die Erfüllung von Nachmeldeverpflichtungen hätten. 
          
          Es kann 
          nicht nachvollzogen werden, woher die Daten und Angaben zu den 
          "Referenzvorkommen" stammen. Wenn "Referenzvorkommen" eine die Auswahl 
          derart beeinflussende Bedeutung haben, so muß die eigentliche 
          Diskussion nicht zu den Kriterien des Anhanges III FFH-RL in den 
          jeweiligen Gebietsvorschlägen geführt werden, sondern darüber, wie die 
          Referenzvorkommen ermittelt wurden und auf welche Quellen sich die 
          Ermittlungen stützen. Aufteilungen des vorgeblichen Nachmeldebedarfes 
          zwischen einzelnen Bundesländern sind der FFH-Richtlinie fremd. 
          Die 
          Vorgehensweise kann nicht mit einer angeblich faktisch notwendigen 
          Anpassung des Richtlinieninhaltes an die föderalen Verhältnisse in der 
          Bundesrepublik gerechtfertigt werden. Der von der FFH-RL vorgesehene 
          biologisch-fachliche Auswahlprozeß geht von der Ansehung des einzelnen 
          Gebietes, des einzelnen Lebensraumtypes oder der einzelnen Art aus und 
          setzt aus diesen "Einzelbausteinen" das Gesamt der Gebietsmeldung 
          zusammen. Die gewählte Vorgehensweise verläuft dazu genau andersherum. 
          Sie unterstellt eine vorfestgelegte Gebietskulisse und sucht die 
          konkreten Flächen dann danach aus, ob sie in diese Liste passen. Das 
          verstößt gegen die Auswahlsystematik der FFH-Richtlinie. 
          
          
          Es muß 
          leider auch davon ausgegangen werden, daß ein erheblicher 
          Nachmeldebedarf "künstlich" durch schlampig oder nicht vollständig 
          ausgefüllte Standarddatenbögen der ersten und zweiten Tranche erzeugt 
          wurde. Ein Beispiel ist etwa der Gebietsvorschlag P1727-401 "Lanker 
          See", soweit sein Westteil im Rahmen der ersten oder zweiten Tranche 
          ausgewählt wurde. Im dazugehörenden Standarddatenbogen ist der 
          Seenlebensraumtyp 3150 nicht genannt, obwohl er im jetzt 
          nachgemeldeten östlichen Seeteil vorkommen soll. Wäre der 
          Standarddatenbogen für den westlichen Seeteil zutreffend und 
          vollständig ausgefüllt worden, wären BfN oder auch die Europäische 
          Kommission nicht von entsprechendem Nachmeldebedarf ausgegangen. Dies 
          sei hier nur als ein Beispiel genannt, wie sich durch 
          Verwaltungsmängel in allen 16 Bundesländern Nachmeldebedarf gleichsam 
          virtuell ergibt, ohne daß er von der Sache her bestünde. 
          
          Aus 
          alledem sind nicht die richtigen Konsequenzen gezogen worden. Es wurde 
          in aller Eile angeblich feststehender Nachmeldebedarf konstatiert und 
          auf unsicherer Grundlage ein Beteiligungsverfahren begonnen. 
          Wissenschaftlichen Ansprüchen, wie sie die FFH-Richtlinie voraussetzt, 
          genügt das nicht. 
        
        
        Das 
        Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren leidet unter formalen Mängeln, die 
        es in seiner Funktion entwerten. 
        
          
          
          
          Beispielsweise weicht die Veröffentlichung im Amtsblatt für 
          Schleswig-Holstein 2003, 437 ff. in zahlreichen Angaben von der 
          Veröffentlichung aus dem Internet (www.natura2000-sh.de) ab. 
          Unterschiedlich sind Angaben zu Lebensraumtypen und zu Hektarangaben. 
          Es sind dies für die Stellungnahme sehr gravierende und bedeutsame 
          Punkte. Da die Veröffentlichung im Internet im 
          Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren eine erhebliche Rolle spielt und 
          sogar die Veröffentlichung im Amtsblatt auf die Internetadresse 
          verweist, erhält die Internetveröffentlichung für das 
          Beteiligungsverfahren eine rechtliche Bedeutung. Die Betroffenen 
          werden jedoch in die Irre geführt, wenn sie sich etwa auf 
          Internetveröffentlichungen beziehen. Die Stellungnahme bleibt dann 
          häufig zwangsläufig unvollständig, weil die Informationsgrundlage 
          nicht verläßlich ist. Das Stellungnahmeverfahren wird zur Farce. 
          
          Wir 
          fügen hier als 
          
          Anlage 1 eine Gegenüberstellung der Angaben aus dem Internet 
          mit den Angaben aus dem Amtsblatt bei, die die zahlreichen Differenzen 
          nachweist. 
          
          
          Das 
          Beteiligungsverfahren ist im Hinblick auf § 20 c Abs. 1 LNatSchG 
          untauglich. In der Veröffentlichung im Amtsblatt ist mit dem Zeichen 
          "#" gekennzeichnet, welche Flächen nicht nur nach der FFH-RL sondern 
          zugleich auch nach der VSRL ausgewählt bzw. identifiziert werden. 
          Damit ist ein - versteckter - Hinweis auf die Rechtsgrundlagen der 
          VS-RL verbunden, doch ist weder im Amtsblatt noch in aller Regel in 
          den Kurzgutachten aus dem Internet ausgeführt, warum nach Ansicht des 
          Landes das Tatbestandsmerkmal aus Artikel 4 Abs. 1 Satz 4 VS-RL 
          erfüllt ist, wonach die "zahlen- und flächenmäßig geeignetsten" 
          (Superlativ !) Gebiete auszuwählen sind. 
          
          Es kann 
          deshalb zu den Flächenidentifizierungen nach der VS-RL gar nicht 
          Stellung genommen werden, weil die entscheidenden Informationen, zu 
          denen Stellung genommen werden muß, von Ihnen nicht vorgelegt worden 
          sind. 
          Dieser 
          Mangel kann nur dadurch geheilt werden, daß in dem für Ende des Jahres 
          2003 angekündigten Verfahren einer vierten Tranche zur zusätzlichen 
          Identifizierung weiterer Vogelschutzgebiete die Beteiligung zu den 10 
          Vogelschutzgebieten der dritten Tranche nachgeholt und wiederholt 
          wird. 
          
          
          Das Land 
          hat in der politischen Diskussion mit dem Risiko eines weiteren 
          Vertragsverletzungsverfahrens argumentiert. Dieses Argument trägt 
          nicht. 
          
          Anders 
          als in dem Verfahren der Europäischen Kommission gegen die 
          Bundesrepublik Deutschland (Rechtssache C-71/99), dem sog. ersten 
          Vertragsverletzungsverfahren, geht es bei der dritten Tranche nicht um 
          strukturelle Defizite der Umsetzung der Richtlinie. Es geht um die 
          Auswahlwürdigkeit ganz konkreter Gebiete mit ganz konkreten 
          Abgrenzungen. 
          Für 
          Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Meldewürdigkeit zwischen 
          den Mitgliedsstaaten und der Europäischen Kommission sieht die 
          FFH-Richtlinie selbst das entsprechende Verfahren vor. Nach der 
          Grundentscheidung der FFH-Richtlinie soll es nur für Gebiete, in denen 
          prioritäre Lebensraumtypen bzw. Arten vorkommen, das 
          Konzertierungsverfahren nach Art. 5 FFH-RL geben. Gebiete, in denen 
          prioritäre Lebensraumtypen oder Arten nicht vorkommen, haben bei 
          Nichtmeldung nicht einmal ein Konzertierungsverfahren zur Folge. 
          Daraus 
          folgt: Die FFH-Richtlinie hat den Fall der Meinungsverschiedenheit 
          hinsichtlich konkreter Gebiete und konkreter Abgrenzungen gesehen und 
          geregelt. Das Konzertierungsverfahren geht deshalb dem 
          Vertragsverletzungsverfahren vor. Ohne Konzertierungsverfahren besteht 
          keine Rechtspflicht. 
        
        
        Den im 
        zweifelhaften Verfahren ermittelten Nachmeldebedarf hat die 
        Landesregierung erheblich übererfüllt. 
        
          
          
          Dies 
          geht aus einem im Auftrag der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein 
          vom renommierten Kölner Büro für Faunistik im September 2003 
          vorgelegten Gutachten hervor. Diese naturschutzfachliche Bewertung der 
          FFH-Gebietstranche 3 des Landes Schleswig-Holstein fügen wir hier bei 
          als 
          
          Anlage 2. Wir beziehen uns darauf in vollem Umfang und machen 
          die Unterlage zum Gegenstand der hiesigen Stellungnahme.
          
          
          Hinsichtlich der Einwendungen zu den konkreten Gebietsvorschlägen wird 
          verwiesen auf die Stellungnahmen der hier zusammengeschlossenen 
          Verbände und deren Mitglieder. Unser Arbeitskreis erwartet, daß 
          jedenfalls die in diesen Einwendungen geäußerten Anregungen umgesetzt 
          werden. 
      Für die im 
      Arbeitskreis Eigentum und Naturschutz zusammengeschlossenen Organisationen 
      und 
      mit 
      freundlichen Grüßen 
      Dr. Giesen |